CrossBrowser-Publishing -- Addendum 1: Die Browser

Stand: Januar 2002
XBrower-Titel

Netscape 6 / Mozilla

Nachdem sich 1997/1998 die Niederlage im Browserkrieg abzeichnete, beschloss Netscape den Code für Netscape 5 für die Open Source-Entwicklung freigeben zu wollen.
Im Februar 1998 stellte Netscape die Infrastruktur dafür vor, mozilla.org, und fünf Wochen später war es soweit: auf einer "Free the Lizard"-Party wurde das, was aus Lizenz- und Exportrechtlicher Sicht freigegeben werden konnte, veröffentlicht.
Der Sourcecode wurde unter der NPL ("Netscape Public License") veröffentlicht, die Netscape die Erlaubnis gab, alle Mozilla-Komponenten in eigenen Produkten zu verwenden, ohne für diese Produkte ebenfalls die Sourcen zu veröffentlichen.
Im Oktober 1998 entschloss sich Mozilla die alte Rendering-Engine einzustampfen und stattdessen eine von Grund auf neu entwickelte Engine namens NGLayout zu nehmen.
Von da an stellte Mozilla neben den allnächtlichen "Nightly Builds" auch sogenannte "Milestones" zusammen. Zwischenstände die für einige Tage aus dem Entwicklungsprozess rausgenommen wurden, zum Zwecke des intensiven Testens und Bugfixing.
Netscape erstellte Beta-Versionen, die sogenannten "Preview-Releases", des Netscape-6-Browsers, auf Basis einiger dieser Meilensteine.
Im Oktober 2000 entschloss sich Netscape von der Mozilla-Entwicklung abzuzweigen und Netscape PR3 herauszugeben. Und dieser Zweig blieb bis zur finalen Version von Netscape 6.0 im November 2000 unabhängig von der Weiterentwicklung Mozillas.
Mit einem Jahr Verspätung ist im Juni 2002 Mozilla 1.0 erschienen, aus dem ein Netscape 7 produziert wurde (die Netscape 6.x-Serie hörte mit N6.23 auf, ein Zweig von Mozilla 0.98). Es wurde nicht lange pausiert. Nur wenige Tage nach der finalen Mozilla 1.0-Version gab es bereits den Alpha-Release von Mozilla 1.1.
Zwischen der Codebasis der Netscape 4.x-Browser und Netscape 6/Mozilla lag viel Schweiß, viel Häme und ein Neuanfang. Mozilla ist der von der Open-Source-Gemeinde entwickelte Browser, der dann von AOL/Netscape zwecks "Branding" mit mehr Schnickschnack versehen wird. Nach der Integration von Instant Messenger, Zugriff auf AOL Mail und Netsape WebMail, sowie dem Beschneiden einiger Features wird aus Mozilla dann ein Netscape-Browser.
Mozilla ist sowas wie der feuchte Traum eines Geeks. Alle erdenklichen "Buzzwords" tauchen auf, sind oder sollen unterstützt werden: derzeit werden HTML 4.0, CSS1, RDF und DOM Level 1 vollständig unterstützt. CSS2 und DOM Level 2 sind nur teilweise implementiert. XML wird zwar vollständig unterstützt. Aber von den zwei gangbaren Wegen XML-Dokumente zu formatieren, wird derzeit nur der Weg über CSS1 (XML+CSS) unterstützt. Der zweiten Weg, Formatierungen via XSL, inzwischen mit dem Segen des W3Cs ausgestattet, ist in der Mache.
Doch grau ist die Theorie. Netscape hat sich mit der offensichtlich verfrühten Veröffentlichung von Netscape 6 keinen Gefallen getan. Der Browser hat von seinem Start weg einen abgrundtief schlechten Ruf. Er läuft sehr instabil, frisst sehr viel Speicher. Dazu kommt eine unfertige Oberfläche die auf dem Mac zu einigen absonderlichen Effekten führte (Alertboxen, in die Text nicht vollständig reinpasst, GUI-Elemente, die per Drag'n'Drop auf den Schreibtisch gezogen werden können). Macromedia ist alles andere als begeistert über das Nicht-Funktionieren des Shockwave-PlugIns. Man hat Netscape im Verlaufe der Preview-Versionen eine ausführliche Fehlerliste mit 16 Bugs gegeben. Bis zur Veröffentlichung von N6 hat Netscape aber nur sechs Bugs beseitigt, zehn, von Macromedia als "critical" eingestufte Bugs blieben aber.
Netscape hat das Fettnäpfchen sehr gut getroffen und nach fast drei Jahren Abstinenz auf dem Browsermarkt mit einem Schlag sämtlichen Kredit verspielt. Es wäre ein Wunder, wenn das nicht auch auf Mozilla zurückschlagen würde.
Weiterführender Link: Es gibt eine Art Press-Review-Guide für Mozilla: www.intersection.com/Moz1RevGuide.html

Microsoft Internet Explorer 5/5.5 (für Windows)

Wie es Microsoft so schön in einer Antwort auf Kritik von webstandards.org geschrieben hat: "Standardkonformität ist einer von vielen Wegen [...] um das Internet zu einer reicheren Plattform für alle User zu machen". Bedingungsloses Verschreiben von Standards hört sich etwas anders an. Was das konkret bedeutet, zeigte Microsoft im Sommer 2000 mit dem Internet Explorer 5.5. Der Explorer wurde noch stärker in das Windows-Betriebssystem eingebunden und eigene HTML- und CSS-Erweiterungen (CSS-Behaviors, HTML+TIME) eingebracht. Natürlich weder Cross-Browser, noch Cross-Plattform-tauglich.
Auch an der Implementierung von W3C-Standards wurde gefeilt: Bugs in der CSS1-Interpretation wurden beseitigt (z.B. Probleme bei der Anwendung von den CSS-Elemente "border", "padding" und "margin" mit einigen HTML-Elementen, Unterstützung der Pseudo-Elemente "first-letter" und "first-line"). Durch eine striktere Auslegung des CSS-Standards werden Seiten u.U. anders dargestellt als in IE5, weil z.B. fehlerhafte CSS-Styles nicht mehr angezeigt werden.
Nichtsdestotrotz unterstützt MS IE 5.5, im Gegensatz zu MS IE 5/Mac, immer noch nicht den vollen Umfang vom DOM Level 1 und CSS1 (laut eigener Aussage wird die CSS1-Testsuite vom W3C in IE5 zu 58% und in IE5.5 zu 80% unterstützt).
Die XML-Unterstützung ist ein Problemgebiet. Wie weiter oben im Abschnitt zu Netscape 6 erläutert, gibt es unterschiedliche Wege zur Formatierung von XML-Dateien. Microsoft hat sich XSL zu einem Zeitpunkt verschrieben, als dieser noch kein festgeschriebener Standard war. Folge: in der ursprünglich Version des MS IE5 kam ein XSL-Parser zum Zuge, der sich an veraltete Entwürfen hielt. Inzwischen kann man sich einen besseren Parser von Microsoft herunterladen. Aber welcher Otto-Normalverbraucher wird sich den runtergeladen haben? XML-Formatierungen auf CSS-Basis werden leider nur unzulänglich unterstützt.

Microsoft Internet Explorer 6 (für Windows)

Die am 15. August 2001 erschienene Version des Explorers enthält keine ganz überragend neue Funktionen für den Otto Normalverbraucher. Im Gegenteil, sogar einiges an Unbillen, da nur noch Plug-Ins unterstützt werden, die sich über die ActiveX-Schnittstelle einklinken, und keine "Java Virtual Machine" mehr mitgeliefert wird.
Nach Lage der Dinge sorgt gerade die "ActiveX-only"-Schnittstelle und die dafür neu entwickelten Plug-Ins für einige Probleme in Sachen suboptimaler Performance (Flash!)
Außerdem gibt es eine neue Cookie-Verwaltung, nach dem derzeit kaum verbreiteten P3P-Standard und eine neue Medienleiste. Nicht sehr freuen tun sich Webdesigner über automatisch skalierte Bilder.
Unter der Haube hat sich aber in Sachen Standardkompatibilität einiges getan, inbesondere bei den Cascading Style Sheets. Einige weitere Attribute werden unterstützt und Bugs beseitigt. So wird das CSS-Box-Model nun komplett und fehlerfrei umgesetzt. Kein CSS-Boxhack mehr nötig. Offizielles Statement ist dass nun CSS1 und DOM Level 1 komplett unterstützt werden. Es gibt auch eine offizielle Dokumentation wie man in IE 6 DOCTYPE-Switching vornimmt.
Und DOCTYPE-Switching kann beim IE6 ganz nützlich sein, denn der Explorer hat so seine eigene Interpretation was die horizontale Ausrichtung von Inhalten angeht (text-align wird im "Standard"-Modus auf center gesetzt, statt wie gewohnt auf left.): Does IE 6 Center Your Table Content?
Update 020518: Das Problem am Microsoft'schen DOCTYPE-Switching ist aber das, im Gegensatz zu den anderen Browsern, im Quirk-Mode auf das inkorrekte Box-Model des IE5 statt dem korrekten Box-Model des NN4 zurückgegriffen wird.
Im Umkehrzug scheinen keinerlei neue CSS2-Attribute eingeflossen zu sein, wenn man Peter-Paul Koch glaubt. Es sieht in der Tat so aus, als hätte es leider, leider im Bereich der "selectors" keinerlei Fortschritt gegeben.
Update 020518: Ein folgenschwerer Bug hat inzwischen unter dem Begriff "Guillotine-Bug" einige Berühmtheit erlangt. Im Zusammenspiel mit hover und background-color werden beim Überrollen von Textlinks einfach Inhalte abgeschnitten. Zudem gibt es in dieser Konstellation Probleme beim Berechnen der korrekten Breite von Floats.
Außerdem in Stichworten: Verbesserte Unterstützung von SMIL 2.0, XML und XHTML.
Schlechte Nachrichten gibt es derzeit an der PNG-Front: Die Unterstützung des PNG-Grafikformat ist identisch mit der vom MS IE 4,5 und 5.5. Transparenz wird z.B. nur bei 8bit-Bildern unterstützt.

Microsoft Internet Explorer 5 (für Mac)

Trotz Namensgleichheit gibt es massive Unterschiede zwischen dem Mac IE 5 und der Windows-Version. Der Mac-Browser basiert auf einer anderen Rendering-Engine namens "Tasman", die sich von Anfang an Standard-Konformität zum Ziel gesetzt hat, was ihr denn auch fast vollkommen gelungen ist. Volle Unterstützung für HTML 4 und CSS1, aber nur teilweise Unterstützung von XML, CSS2 und DOM Level 1 (nur HTML-Part, nicht Core-Part).

Opera 5

Im Land der Elche wird seit circa 5 Jahren an einer Browseralternative gebastelt, die im Dezember nunmehr die Versionsnummer 5 erreicht hat. Mit Opera 5 hat man in Oslo auch teilweise Abschied vom Modell eines kostenpflichtigen Browsers genommen. Stattdessen veröffentlich man Opera 5, ähnlich wie es Eudora getan hat, auch in einer "Adware"-Version mit permanent eingeblendeten Werbebannern. Wer es ohne mag, zahlt weiterhin 39 US$.
Der Download ist, verglichen mit den Monstren aus den USA, geradezu lächerlich: Wer kein Java braucht, kann sich mit einem 2MB großen Installer begnügen.
Opera ist auf verschiedenen Betriebssystem-Plattformen erhältlich, die Entwicklungsstadien sind unterschiedlich. Stand im Januar 2002: Windows: Opera 6, Mac-Classic: Opera 5, MacOS X: Opera 5 Beta-3, Linux: Opera 5, sowie Opera 6 Beta, OS/2: Opera 5.12 Beta.
Opera 5 ist etwas gewöhnungsbedürftig, erinnert von der Oberfläche etwas an den Oracle PowerBrowser.
Opera 5 unterstützt HTML 3.2, CSS1, XML (XML+CSS) komplett, aber nur einen Teil des HTML 4.01-Standards, CSS2, XML+XSL, JavaScript. Insbesondere DHTMLer vermissen einige DOM-Methoden wie createElement oder appendChild.

Opera 6

Ende November 2001 kam eine neue Version heraus. Die "Sechs" hat sich nun auch vom Äußeren den anderen Browsern angepasst, und bietet eine Einfenster-Ansicht.
Unter der Haube gibt es Unicode-Unterstützung, JavaScript-Kommunikation mit PlugIns ("LiveConnect"). Während die CSS1-Unterstützung von Hause aus makellos war, ließ vor allem die DOM-Unterstützung sehr viel zu wünschen übrig. Mit Opera 6 wurden hier zumindest kleinere Reperaturtätigkeiten getan.
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