dogfood Februar 2003 [1]

Freitag, 07. Februar 2003

[22h22] Mac_Software -- Weil TheFlow schon die neue Version des Mozilla-Klons Chimera 0.7 ankündigt: Yep, kann ich bestätigen, in den Nightly Builds wurde im Log erwähnt das man eigentlich schon 0.7 fertig hatte, ehe man beschloß doch noch ein bißchen damit zu warten.
Auch bestätigt sei hiermit die zahlreichen kleinen Bugfixes. Wenn ich mich richtig an die ursprüngliche 0.6er-Version erinnere (mit Nightly Builds erlebt man ja eher eine Evolution eines Browsers), gibt es in 0.7 keine ganz weltbewegende Neuigkeiten. Die History ist nun endgültig ein Feature geworden.
In den letzten Tagen hat sich zudem einiges bei den Tabs getan. Zum einen schließen sich die Tabs jetzt in der gleichen Reihenfolge wie auch Mozilla: beim Schließen eines Tabs wird nun als nächstes der rechte Nachbar-Tab angezeigt. Unter Usability-Gesichtspunkten ist das enorm erhöhter Komfort. Beispiel: ich lese das Inhaltsverzeichnis der "Süddeutschen", erzeuge mit APFEL-Klick neue Tabs, und kann die Tabs nun auch in der angeklickten Reihenfolge durchlesen, statt immer wieder zum Inhaltsverzeichnis-Tab zu springen...
Was auch neu in den letzten Tagen dazugekommen ist: Wenn man einen RSS-Newsfeed-Reader nimmt, wie z.B. NetNewsWire, dann macht man all 2-3 Stunden seine Runde und klickt sich die interessanten Stories an. Chimera öffnet die entsprechenden Seiten als Tabs, bleibt dabei, sehr schön, im Hintergrund. Haken bislang: Je nach Breite wurden nach der zehnten Seite oder so, nicht mehr neue Tabs angelegt, sondern jeweils neue Seiten. Zwanzig angeklickte Stories in NetNewsWire bedeuteten zehn Chimera-Fenster (eines mit zehn Tabs, neun Fenster mit einfachen Seiten, ohne Tabs). Und genau das wurde vor einigen Tagen abgestellt. Nach dem zehnten Tab (oder so), geht ein zweites Fenster auf, das seinerseits wiederum mit bis zu zehn (oder so) Tabs belegt werden kann.
Benütze ich Safari? Ja, ab und zu. Aber momentan ist Chimera an Komfort Safari überlegen (yeah, Tab-browsing...)...
Ein Geheimtipp (gibt es auch in Mozilla seit spätestens 1.2): Wenn man ein Bookmark per Menü oder Icon ind er Sidebar anlegt, gibt es die Checkbox "Bookmark all tabs". Mit der lässt sich mit einem Schlag das Fenster inkl. aller Tabs "bookmarken". Beim Klick auf das Bookmark werden ergo alle Tabs angelegt und neu geladen.

Scientology-Klausel
[14h33] So eine Klausel habe ich bislang auch noch nicht gesehen... (gefunden in den Allg. Geschäftsbedingungen für einen eMail-Account bei hamburg.de, gefunden vom Tischgegenüber Carsten).
[14h03] Irak -- Die Franzosen sprechen den Namen "Donald Rummsfeld" auf die einzig wahre Art aus. So wie man es schreibt, Rummms!
[13h06] Irak -- Es dient nicht gerade der Sache wenn die USA und Großbritannien versuchen die Weltöffentlichkeit zu verarschen.
So muß es schon erstaunen dass beispielsweise Colin Powell in seiner Rede vor dem UN-Sicherheitsrat von einer verbindung zwischen Irak und Al-Qaeda redet, obwohl bereits am Vormittag die BBC meldete dass in einem ihr zugespielten Dossier des britischen(!) Geheimdienstes just eine solche Verbindung bestritten wird.
Und nun meldet der BBC Worldservice den nächsten Klopper. Der britische Geheimdienst hat einen 19 Seiten starken Bericht zusammengestellt, auf dass sich übrigens auch Powell vor der UNO expressis-verbis bezogen hat, von dem sich nun herausstellt, dass große Teile des Berichtes schlichtweg ohne Quellenangaben aus einer Doktorarbeit (4 der 19 Seiten) und einem öffentlich zugänglichen Militärzeitschrift ("Jane's Defense", 4 weitere Seiten der 19 Seiten) kopiert wurden, inkl. fehlerhafter Zeichensetzung (siehe auch The Times, The Guardian).
In England sind sowohl Journalisten als auch Parlamentarier am "kotzen":
If that was presented to Parliament and the country as being up-to-date intelligence, albeit collected from a variety of sources but by British intelligence agents... it is another example of how the government is attempting to mislead the country and Parliament on the issue of a possible war with Iraq. And of course to mislead is a Parliamentary euphemism for lying.
(Glenda Jackson, Abgeordnete (und Ex-Schauspielerin, oder?) in einem Interview mit BBC4)
[11h22] Pleeez, bring on the loud mousic!

Donnerstag, 06. Februar 2003

[20h28] Irak -- Der The Economist hat in seiner Ausgabe in der letzten Woche versucht zu skizzieren wie der Krieg gegen den Irak aussehen könnte. Bemerkenswerte Aussage aus dem Artikel:
The devastating results of trying to fight America and its allies as if they were Iran or Kuwait -- in open terrain, where Iraqi forces were crushed by air power and artillery -- will encourage Mr Hussein to try to lure the invaders into Iraq's cities. And America's conventional strength will encourage him to use other, unconventional methods. In 1991, Iraq did not use chemical or biological weapons. This time, the fact that the war will be explicitly directed towards removing his regime could also remove any inhibitions Mr Hussein has about using them. Before the Gulf war, he also refrained from pre-emptively attacking allied troops or other countries, which might have made the war much messier. This time, he may not.
[20h20] Irak -- Kommentar von Malte Lehming aus dem Tagesspiegel:
Die Entscheidung über Krieg und Frieden allerdings ist seit dieser historischen Sitzung des UN-Sicherheitsrates nicht leichter geworden. Denn das Unbehagen, das die Menschen weltweit empfinden, auch in Amerika, wenn sie an einen Waffengang denken, ist nur geringfügig von Beweisen abhängig, die die Verderbtheit des Regimes in Bagdad belegen. Dass Saddam brutal und gefährlich ist, bestreitet kaum jemand. Stattdessen entzündet sich der Streit über die Frage, ob die Kosten eines Krieges -- einschließlich der zivilen Toten und der Bürde eines jahrelangen Besatzungsregimes -- in einem angemessenen Verhältnis zu dessen Nutzen stehen. Diese Frage konnte auch Powell nicht beantworten. Er hat die Mitglieder des Sicherheitsrates unter erhöhten Handlungsdruck gesetzt. Von der Notwendigkeit und Unvermeidbarkeit eines Krieges hat er sie nicht überzeugt. Noch nicht.
[14h45] Würd' mich schon mal interessieren, die Rechtfertigung warum der Kilopreis für No-Name-Butterkekse 1,98 EUR, der Kilopreis für DeBeukelaer-Kekse aber 7,80 EUR beträgt.
Bitte? Fast das vierfache?? Wird bei DeBeukelaer die Butter handgeschöpft? Die Milch mundgesogen von friedlichen Kühen die auf Anden-Hochebenen weiden?
[09h37] TV -- An dieser Stelle noch einmal die Erinnerung: 20h45, ARTE, "Die rote Laterne". Kein Film für Leute die nicht in de Lage sind mal anderthalb Stunden die Fernbedienung aus der hat zu legen, Aber bitte, wenn ihr euch lieber mit "Superstars" beschäftigen wollt und weiterhin auch die furchtbarste Gülle via Deklaration als Kult als "sehenswert" betrachtet... Nur, diskutiert dann bitte nicht über Qualität im Fernsehen...
Soviel Engstirnigkeit gönne ich mir. Ich bin es mir wert.

Mittwoch, 05. Februar 2003


Moebius -- La déesse (1990)
[22h58] Movie -- Was sich hier andeutet, ist ganz schwer am rocken. Das könnte für den Trickfilm das sein, was "Incal" für den Comic war. Der Style könnte etwas souveräner sein (wer hat das "Moebius" gerufen? Richtig! Mehr die "La déesse"-Variante), die beiden Realfilm-Teile im Mai und November könnten Probleme haben dagegen anzustinken. Die DVD darf sich als gekauft betrachten.
[20h36] Bremen, Herr Pahl, Bremen! Nicht Bochum! Sheesh. Sucker!
[15h48] Stereoanlage plärrt, Balkontür ist offen, Grafiktablett angeschloßen, gleich kann die Arbeit anfangen.
Zuvor müssen wir aber wie in jeder Woche, wieder unseren Gebetsteppich gen Wien ausrollen und wie weiland der Muezzin unserer Lesergemeinde die Botschaft vom brillianten FM4 verkünden. Heute vormittag bringt Heise die Meldung vom geschlossenen Soulseek-Server, halb zwölf steht ein entsprechender Artikel auf der FM4-Website (wo Redakteuse Gerlinde Lang darüberhinaus auch recht souverän mit einem Troll umgeht) und etwas später beteiligt sich ein anderer FM4-Redakteur an einer Soulseek-Diskussion auf einer der De:bug-Mailinglisten.
Hier fühle ich mich verstanden, hier fühle ich mich gut aufgehoben. Danke. Abtreten. Schuhe vor der Tür nicht vergessen.
[14h13] Und ab nachhause.
[13h33] Zeitschriften -- Heute habe ich in der S-Bahn endlich den "The Economist" von Mitte Januar zu Ende gelesen, der mir also knackige drei Wochen Lesestoff geliefert hat (man vergleiche das mit der c't, die ich inzwischen locker in einem durchschnittlichen Badewannenaufenthalt durchlesen kann, ohne schrumpelige Haut zu bekommen).
Eigentlich bin ich vom "The Economist" derart begeistert, dass ich mir überlege das Abo zu holen. Auf der anderen Seite fahre ich wahrscheinlich billiger wenn ich ihn mir nur dann hole, wenn ich die vorige Ausgabe durchgelesen habe, was u.U. eben länger als sieben Tage dauern kann.
Im Gegenzug habe ich mich heimlich, still und leise von einem anderen Abo verabschiedet. Eine Art Mahnung in Sachen "Usability", wie man es nicht machen soll: "Create Online".
dogfood-Leser die schon etwas länger dabei sind, wissen dass ich die Zeitschrift vor zwei Jahren abgöttisch verehrt habe. Der geneigte Leser dürfte auch mitbekommen haben, dass in der allgemeinen Misere der Zeitschriftenverlage und Auflagenzahlen, auch die Create Online Federn lassen musste. Sowohl inhaltlich als auch vom Design. Meine Verhältnis zur CO war also nicht ganz ohne Sollbruchstellen.
Irgendwann im Oktober schneite per Post ein Brief vom Verlag rein. Das CO-Abo würde im März auslaufen und mit beiliegendem Coupon könne man es verlängern. "Aha, schön", sagte ich mir, "März, das ist ja quasi noch ein halbes Jahr hin" und legte den Brief erstmal weg.
Am 30.12. schneite dann ein weiterer Brief vom Verlag rein, datiert vom 16.12.. Man bat mich nochmals mit beiliegendem Coupon das Abo zu verlängern, da dass Angebot in "zwei Wochen" auslaufen würde.
Wiewohl ich nun eine gewisse Dringlichkeit erkannte, hat mich der Brief überfordert. Wie jetzt? Zwei Wochen? Zwei Wochen vom 16.12. an gerechnet, also bis zum Jahresende? Oder zwei Wochen ab Erhalt des Briefes? Was würde passieren wenn ich den Coupon später einsenden würde? Müßte ich mehr bezahlen?
Und überhaupt der Coupon! Der war falsch bedruckt und enthielt bei den Ankreuzfeldern ("Verlängerung um 1 Jahr" "2 Jahre" etc...) statt einer Preisangabe nur die Platzhalterzeichen "£££".
Ich sinnierte zehn Minuten lang "wie denn jetzt", "und überhaupt" und "soll ich überhaupt". An dem Punkt wurde mir bewusst, dass ich die Zeitschrift vermutlich mehr aus Bequemlichkeit als aus Überzeugung weiterabonniert hätte. Auch wenn die Geschäfte derzeit besser laufen, hatte ich keine Lust ca. 80,- EUR für etwas auszugeben, was ich nicht wirklich haben will. Und ich ließ das Abo auslaufen...
Hätte "Future Publishing" den ganzen Verlängerungsvorgang "smoother" gestaltet, ich wäre gar nicht ins Grübeln gekommen. Schlechte Usability hat also diesem Abo das Genick gebrochen. Wobei man sagen muß dass ein expliziter Verlängerungscoupon zum Aboende mir die immer noch sympatischere Methode ist, als die automatische Verlängerung wie sie hier in Deutschland üblich ist.
Mal sehen, vielleicht mach ich 2004 wieder ein CO-Abo.
[13h31] Ich kann nicht wirklich behaupten, dass ich heute viel Lust zum Arbeiten habe. Ich werde vermutlich in 1-2h nachhause gehen, mich dort verbarrakadieren, Stereoanlage aufdrehen und bis in den tiefen Abend an Jobs sitzen.
[11h16] Der gestrige Abend war geprägt von der schweren Entscheidung DFB-Pokalspiel Bayern - Köln oder chinesische Dokumentarfilme. Die Waage neigte sich zugunsten der Dokus als ich erfuhr dass das Spiel in München stattfand. Und als Elber dann nach nur 5 oder 9 Minuten, gegen 20h40 das 1:0 für Bayern schoß, war die Entscheidung für mich klar und ich verließ fluchtartig die ARD. Auch unter diesem Aspekt eine korrekte Entscheidung, denn zur Halbzeit lag Bayern 4:0 vorne und am Ende sprang ein 8:0-Sieg heraus. Nicht unbedingt meine Definition von spannendem Fußballabend. Und ich frage mich wieviele erzlangweilige Pokalspiele ARD und ZDF noch übertragen wollen bevor ihnen auffällt dass dieses auch von den Einschaltquoten her, keine Sau interessiert. Heute abend gibt es 1860 - Bochum. Uh? Come on! Wenn in Deutschland außer den zwei Millionen Einwohner beider Städte interessiert den sowas?
Die Entscheidung für den ARTE-Themenabend war auch aus einem anderen Grund richtig. Der Themenabend war schlichweg interessant.
Es gab drei kürzere Dokumentarfilme. Der erste war "Das Geheimnis meines Erfolges". Im Mittelpunkt steht Herr Lu, der in einem kleinen Dorf mitten auf dem Land für die Geburtenkontrolle zuständig ist. Als eine Art Blockwart beobachtet er die Frauen und propagiert Verhütungsmittel bzw. Abtreibungen. Eine Frau die bereits zwei Töchter ausgetragen hat, verschwindet plötzlich, und der Dorfrat ist besorgt. Allen Anschein nach ist die Frau zum dritten Mal schwanger, was in China unter der aktuellen Firmenpolitik ein absolutes No-No ist. Diese Geburt würde darüberhinaus auch die Geburtsstatistik versauen und damit die Funktionärskarrieren.
Zweiter Kernpunkt des Filmes ist die Ablösung der Bürgermeisterin. Als ein eklatanter Fall von Unterschalgung ruchbar wird, wird für die anstehenden Bürgermeisterwahlen (ja, es gibt anscheinend auf kommunaler Ebene recht freie Wahlen in China) ein Gegenkandidat aufgestellt und unser umtriebiger Herr Lu ist eine Art Wahlkampfmanager.
Herr Lu kommt trotz seiner Blockwart-Funktion durchaus als Sympath rüber, als sympathisches Schlitzohr. Doch so nett er sein mag. Die Umsetzung der Ein-Kind-Familien-Politik schnürt einem schon so ein bißchen die Kehle zu. Als die verschwundene Frau mit einem Sohn zurückkehrt, wird gnadenlos abgestraft. Nur mit einer Geldstrafe, aber die scheint ziemlich heftig ausgefallen zu sein. Zudem war zwischen den Zeilen auch deutlich herauszuhören dass auch Verwandte in Sippenhaft genommen werden und z.B. mit Prämienabzügen bestraft werden. Und wohlgemerkt: Herr Lu war die nette Variante eines Geburtenkontrolleurs. Nicht auszudenken was bei anderen Kontrolleuren passiert. Kaum zu glauben dass es nur bei finanziellen Bestrafungen bleibt... BTW: Es war immer wieder von Abtreibung, Eierstöcke-durchschneiden und Diaphragma die Rede. Nicht hingegen von Kondomen oder Samenleiter-durchtrennen...
Der zweite Schwerpunkt des Filmes, die Wahl, hatte etwas skuriiles an sich, der Kontrast zwischen "alt" und "neu".
Das ganze fand mitten in der Walachei statt, eine Gegend die mich an Ostfriesland minus Meer und Deiche erinnerte. So provinziell das war, trotzdem liefen die Leute mit Handys durch die Gegend.
Die Bewohner hatten offensichtlich Probleme mit den Basics bei den Wahlen ("Nein, du darfst nur einmal wählen gehen", "Nein, ohne Vollmacht darfst du nicht für deine Frau wählen"). Auf der anderen Seite hat Herr Lu eine Wahlorganisation aufgezogen, die keinen Vergleich mit den USA zu scheuen braucht. Tage vor der Wahl lieh man sich den einzigen VW-Bus in der Gegend aus, um den entlegeneren Bauern einen Besuch abzustatten und zu einer Art Briefwahl zu motivieren. Am Wahltag wurden dann Motorräder organisiert, die die Wähler von zu Hause abholen und zur Wahlurne der fünf Wahlbezirke bringen sollten.
Die Stimmen wurden per Hand in der örtlichen Schule ausgezählt. Für jeden Kandidaten wurde ein Strich auf der Tafel gemacht. Anders als in Europa macht man für einen Fünferblock nicht vier senkrechte Striche und dann einen horizontalen Strich. Vielmehr sieht ein Fünferblock wie ein "E" aus. Erst der obere Querstrich, dann in der Mitte einen senkrechten Struch runter (es erinnert nun an ein "T"), dann links daneben einen weiteren senkrechten Strich. Als vierter Strich ein Querstrich in der Mitte und abschließend ein Querstrich unten. Fertig ist das "E".
"Xiaos langer Marsch" ist ein zu kurz geratener Dokumentarfilm wie ein 18jähriger, arbeitsloser Tunichtgut sich freiwillig für die Volksarmee meldet.
Als Ausländer ist man schon fassungslos gegenüber der Sprüche der Propaganda-Offiziere die ausziehen und versuchen Rekruten für die Armee zu gewinnen. Bis hin zu den Sprüchen dass China die Rakete erfunden hätte (Sylvester-Böller ja, Weltraumfahrt nein) und Chinas Armee weltweit führend in Sachen Weltraumfahrt wäre. Bei den Amerikanern würden viele Unglücke passieren, die haben bei der Explosion einer Ariane-Rakete (sic!) sogar eine ganze Besatzung verloren.
Nachdem die Armee den Rekruten-Anwärter gründlich durchleuchtet hat (Falungong-Mitglieder irgendwo in der Verwandtschaft sind Ausschluß-Grund), tritt Xiao seine Grundausbildung an. Die Essenz dieser Ausbildung mag man schon aus diversen Filmstreifen in der US-Variante kennen, aber bei den Chinesen scheint es noch um einiges härter zuzugehen.
Gleich am ersten Tag wird das "Strammstehen" auf dem Kasernenhof bei Temperaturen weit unter dem Gefrierpunkt geübt. Jedes Körperteil wird von zwei Ausbildern (einer vor und einer hinter den Rekruten) milimetergenau ausgerichtet. Es wird zwar nicht gesagt wie lange die Rekruten in dieser Stellung ausharren müssen. Aber als der Befehl kommt in die Hocke zu gehen, können viele Rekruten nicht mehr ohne fremde Hilfe die Knie beugen...
Der Film war leider zu kurz um die Programmankündigung wahr zu machen und den Wandel von Xiao zum fertigen Soldaten zu zeigen.
Der dritte Dokumentarfilm "Bahnhof der Illusionen" war der beste der drei gezeigten. Insbesondere die Personen im Film waren so unglaublich gut, dass ich mich phasenweise fragte ob ich es mit einem Spielfilm zu tun hatte.
Im Zentrum des Filmes stehen Herr Fu und Herr Liu die als Bahnhofsvorsteher auf dem größten chinesischen Bahnhof in Zhengzhou. Zhengzhou ist im östlichen Zentralchina. Eine mäßig große Stadt (1,4 Mio) aber anscheinend ein Verkehrsknotenpunkt. Alleine am Neujahrsabend müssen 1,2 Millionen Fahrgäste durch den Bahnhof durchgeschleust werden.
Jeder kennt die klassischen Szenen aus Japan, wo in der U-Bahn von Tokyio Menschen durch Aufseher in die U-Bahnen reingepresst werden. Forget it angesichts der sich dort abspielenden Szenen. Wenn ein Zug einfährt, setzen sich plötzlich Massen von 500-1000 Leute in Gang, rennen auf den Bahnsteig und pressen sich in den Zug so wie ich es noch nie, absolut nie gesehen habe. Man versucht gar nicht erst durch die Tür einzusteigen, sondern klettert in die Fenster rein. Alle, ausnahmslos alle, egal ob Mann, Frau oder Kind. Selbst achtzigjährige Mütterchen werden hochgehoben und durch das Fenster in das Abteil reingepresst. In dem Augenblick wo ich dachte: jetzt ist Ende, da passen nicht noch mehr Leute ins Abteil, kommt eine dreiköpfige Familie. Die Frau schreit dass sie da nicht mehr reinpasst. Aus dem Fenster brüllt das Abteil dass kein Platz mehr ist, doch der Vater nimmt den kleinen Sohn, drückt in durch das offene Fenster rein, nimmt das Gepäck, presst es rein, dann die Frau, und irgendwie drückt er sich als letztes mit rein. Ich habe so etwas noch nie gesehen.
Das Ganze geschieht unter unglaublicher Hektik, denn der Zug hat nur ca. 5 Minuten Aufenthalt und die Bahnhofsvorsteher achten streng auf Pünktlichkeit.
Der Bahnhofsvorplatz ist immens, ungefähr zwei oder dreimal so groß wie der Alexanderplatz und an Feiertagen wie den Neujahrstag voll mit Menschen. Da passiert es schon mal dass Säuglinge ausgesetzt werden. Ein unbekannter Mann bittet eine Frau den Kleinen, gerade neun Monate alt, mal kurz festzuhalten und verschwindet. Die Frau gibt den Kleinen mit den großen herz- und steinerweichenden Kulleraugen dem Bahnhofspersonal um sich dann selber schnell aus dem Staub zu machen. Das Bahnhofspersonal berät was zu machen ist, schließlich hat man für solche Fälle keine Anweisungen. Man handelt "praktikabel", ruft einen Gemüsehändler von der Straße. Der zeigt Interesse an dem Kind. Nach Ausfüllen eines anscheinend Quittung-ähnlichen Formulars, wird der Kleine im gelben Strampelanzug dem Gemüsehändler übergeben.
Trotz dieser Extreme, im Mittelpunkt des Filmes stehen Herr Fu und Herr Liu. Einer sympatischer als der andere. Herr Liu erfüllt sich seinen Lebenstraum und kauft ein eigenes Appartment und kann endlich aus dem ärmeren Viertel ausziehen. Dabei gehen seine Ersparnisse drauf und er verschuldet sich im überschaubaren Maße. Liu, der so aussieht wie Jackie Chan wenn er nicht Kampfsportler geworden wäre, rechnet aber nicht mit der Wirtschaftskrise die auch das China Anno 2002 erfasst. Sein Job ist am wackeln und seine Frau die in einem Kino arbeitet, steht kurz vor der Entlassung. Am Ende des Films ist es wahrscheinlich dass Herr Liu das Apartment verkaufen muss, da ihm die Schulden über den Kopf wachsen.
Noch sympatischer ist Herr Fu. Herr Fu kommt mir irgendwie als Geistesverwandter von mir vor. Still, aber witzig. Intelligent, aber ambitionslos. So sehr er auch in sich ruhen mag, es gibt doch einige wunde Punkte in seinem Leben die sich vorallen rund um Frauen kreisen. Seine erste Frau stirbt bei einer Abtreibung aufgrund eines Kunstfehlers. Offensichtlich hat er mit dieser beziehung noch keinen Frieden gefunden und bricht am Todestag weinend am Grab zusammen, das irgendwo am Rande eines mit Kräutern und Blumen zugewachsenen Ackers zu liegen scheint. Seine aktuele Beziehung wiederum, scheint keine große Lust zu haben die Beziehung durch eine Heirat zu formalisieren.
Beide, Herr Fu und Herr Liu, haben im Film eine unglaubliche Präsenz. Mit jeder Geste, mit jedem Gesichtsausdruck, mit jedem Dialog werden locker zehn weitere Hollywood-Mimen an die Wand geschmettert. Dass der Dokumentarfilm nur knapp eine Stunde dauert, ist umso entsetzlicher, denn man mag sich nicht von den beiden trennen wollen.
Alle drei Dokumentarfilme werden am nächsten Montag (10.2.) ab 14h30 auf ARTE wiederholt ("Bahnhof der Illusionen" um 16h00)
[10h59] TV -- Zufällig darüber gestolpert: ultimativer Spielfilm-Tipp. Am Donnerstag, 20h45 bringt ARTE "Die Rote Laterne". Ich habe seinerzeit von Michael den Tipp bekommen und den Film letzten März gesehen. Es war ein "9 Punkte"-Film in meiner Film-Topliste (die ich auch mal wieder ergänzen müsste.
Also: Guck-Befehl, denn so schnell dürfte der Film nicht wieder um diese Sendezeit laufen (das letzte Mal lief er um Mitternacht auf VOX) und eine Veröffentlichung als DVD gibt es auch nicht.
(Kurioserweise ist Safari der einzige Mac-Browser auf dem die ARTE-Programmseiten klaglos funktionieren...)
[00h10] Als jahrzehntelanger Bahnfahrer komme ich immer noch nicht darüber hinweg. Vor anderthalb Jahren über 500,- DM für eine jeweils zehnstündige Hin- und Rückfahrt Hamburg-Paris inkl. Umsteigen bezahlt.
Und heute bekommt man den Flug, inkl. Sandwich und Gratis-Tageszeitungen, für noch nicht mal 99,- Euro hinterhergeschmissen. Direktflug, ohne Umsteigen (was ich fast bedaure, ich vermisse Brüssel). Flugzeit: zwischen 1h35 und 1h40...
Und sieht man vom Ein- und Auschecken ab, liegen die Flughäfen sogar günstig. Fünf Fußminuten von mir hält der Flughafenbus der direkt, ohne Halt, in 15 Minuten zum Hamburger Flughafen fährt. In Paris steige ich in die S-Bahn ("RER") ein und steige eine Dreiviertelstunde später an der Cité Universitaire oder Denfert-Rochereau aus und gehe eine Viertelstunde zu Fuß zum Appartment (oder fahre zwei Metrostationen)

Dienstag, 04. Februar 2003

[20h45] Danke, Giovane Elber, mir die Wahl zwischen Fußball und chinesischen Dokumentarfilmen auf ARTE erleichtert zu haben...

Typo a la Macromedia
[14h21] Software -- Ohne jetzt ein Connaisseur und Gourmet in Sachen Typographie zu sein... Macromedia, auf ein Wort, glauben wir nicht, dass die Typo-Engine in Fireworks MX in Sachen Antialiasing und Kerning verbesserungswürdig ist? Oder wollt ihr mir im Ernst weißmachen, dass beide vertikalen Linien beim "h" optisch die gleiche Dicke haben? Und der Abstand vom "a" zum "h" identisch mit dem vom "h" zum "l" ist?

Montag, 03. Februar 2003

[23h14] Dit'n'Dat -- Worldwideklein bestätigt meine Vermutung dass qua Kartellrecht ein Zusammengehen von Microsoft und AOL nicht möglich sein sollte. Die Betonung liegt auf dem Wort "sollte".
Und zu Thema Berliner Stadtbahn fügt er hinzu: Vom Ostkreuz bis zum Westkreuz.
[22h25] Fuck! Zwickmühle! Ich habe eben eine Mail der Lufthansa bekommen (bislang nur einmal das Gepäck verbaselt, toitoitoi). Sonderangebot für Europa-Flüge. Hamburg - Paris, Hin- und Rückflug, DIREKT für gerademal NEUNUNDNEUNZIG EURO INKLUSIVE aller Steuern! Arghhhh! Das ist ein Traum! Arghhh! Soll ich? Die Tickets müssen bis Mittwoch gebucht worden sein. Arghhh! Teufel auch!
[22h09] News -- Und wieder einmal verblüfft mich die BBC. BBC World meldet an zweiter Stelle der 22h-Nachrichten die Verhaftung von Phil Spector, legendärer Musikproduzent der Sechziger. Auf der Website immerhin an dritter Stelle. Fehlanzeige auf der Homepage von CNN.
Irgendwie eine total unwesentliche Meldung in diesen Zeiten, aber völlig bar jeder Logik bin ich beeindruckt...
[19h07] Music -- Hmm. Ich weiß ja nicht was ich von der neuen Single von Mia halten soll: Kreisel -- "Ring, ring, ring, willst du mich bezwing'".
[18h56] Mannmannmannmann. Ich glaub' jetzt hab' ich's. Heureka, wie es in gutbürgerlichen Bildungskreisen und beim Gyrosdealer von nebenan bei dieser Gelegenheit erschallen mag.
Seit zirka Mittwoch letzter Woche beiße ich mir die Zähne an einem Designproblem aus. Was ich auch gemacht habe, es sah schlecht aus.
Es geht um Zeichnungen, Perspektive, Outlines, Farbe und "Pixelstyle". Und irgendwie haute dass alles vorne und hinten nicht hin. Heute habe ich einfach mal die Reihenfolge umgedreht und zuerst am Hintergrund gebastelt in der Hoffnung, dass sich dann der Vordergrund mehr oder weniger von selber ergeben würde. Und da schau her. Der Hintergrund geht nun auf einmal in die richtige Richtung. Sieht illustrativ aus ohne dass er nervt und hat räumliche Tiefe ohne dass er ablenkt. Und auf einmal sieht sogar der Vordergrund so anständig aus, dass ich ihn noch nicht mal noch großartig modifizieren werde müssen.
Ich denke ich werde nun nach Hause gehen um in einer Stunde einen "frischen" Blick darauf zu werfen und endgültig zu entscheiden ob's das richtige ist.
[17h29] Business -- Hui! Es taucht derzeit ein Gerücht auf, wonach Microsoft AOL aus AOL-Time-Warner rauskaufen will, evtl. mit der Hilfe von Ex-AOLer/TWler Ted Turner. Ist das kartellrechtlich auch nur annähernd denkbar?
[13h35] Manchmal gibt das Schicksal einem einen Wink. Zum Gedenken an die sieben Astronauten der Columbia habe ich mich heute für "american dressing" entschieden. Und kosher war der Salat vermutlich auch.
[09h54] Man kennt aus Berlin die "Stadtbahn", diese Ost-West-Trasse der Eisenbahn und S-Bahn zwischen Berlin Zoo und Ostbahnhof (keine Ahnung wo beim Berliner qua definition die Stadtbahn anfängt/aufhört. Charlottenburg - Warschauer Str.? präziser: Westkreuz bis Ostkreuz, danke Konstantin). Einer der wichtigsten Verkehrtrassen Berlins, ein Relikt aus der vorletzten Jahrhundertwende.
Hamburg hat auch so etwas ähnliches, auch wenn der Begriff "Stadtbahn" sich hier nicht eingebürgert hat: die Strecke Hauptbahnhof, über die Alster, Dammtor, Sternschanze bis zum Bahnhof Altona. Auf der Trasse fahren sowohl Züge als auch, je nach Tageszeit, zwischen 2 und 3 S-Bahn-Linien. Im Grunde genommen hat Hamburg seit Ende der Siebziger zwei Stadtbahnen. 1977 oder so, wurde eine Art "Südstadtbahn" fertig, die komplett in Tunneln vom Hauptbahnhof über die Landungsbrücken und Reeperbahn zum Bahnhof Altona führt. Zwar fahren keine Fernzüge auf der Trasse, aber auch so 2-3 S-Bahn-Linien.
Beide Stadtbahnen sind bei der Hamburger Polizei berüchtigt für Drogenhandel der auf den Bahnsteigen geführt wird. Teilweise sind die Bahnhöfe von den Dealern nach Nationalitäten aufgeteilt Reeperbahn = Ghana, Sternschanze = Bourkina Faso.
Wenn ich zum Büro via U- und S-Bahn fahre, so wie heute, steige ich Sternschanze von der U- in die S-Bahn. Sternschanze ist sowas wie Hamburgs Kreuzberg, um einen etwas platteren Vergleich zu verwenden. Die U-Bahn fährt in die engen, kurvigen Station mit der tiefen Decke ein, vorne quillt ein nicht enden wollender Menschenstrom aus den ersten Wagen. Der Menschenstrom kämpft sich die zwei Treppenabsätze hoch, immer das Gesäß des Vordermannes/frau in Augenhöhe vor sich hinwackelnd. Der orangegekachelte Gang biegt nach rechts, ein Teil der Leute nimmt rechts den Ausgang, die meisten gehen weiter, am CroBag-Laden vorbei, Treppenabsatz runter, Linksknick, Treppenabsatz runter. Man weiß dass die Umsteigezeit eng ist, man drängelt. Gerade beim Linksknick wird versucht die Kurve eng zu nehmen und es kommt zu Rempeleien mit dem "Gegenverkehr" der aus der S-Bahn kommt.
Dann macht der Gang einen 90 Grad-Knick nach rechts, Treppe wieder rauf. Die Treppe ist noch enger, denn rechts neben der Treppe ist eine Rolltreppe. Die Rolltreppe wurde vor 3-4 Monaten aufwendig in ca. einen Monat dauernden Bauarbeiten ausgetauscht. Nun steht dort eine blanke, silbern funkelnde Rolltreppe, die an vier von fünf Werktagen nicht funktioniert. Wer sich im Gang eher links hält, kann anhand des roten Lichtsignals der Rolltreppe rechtzeitig erkennen ob heute der glückliche Tag ist, an dem die Rolltreppe einen die drei Meter Höhenunterschied raufschleppt. Wer jedoch im Gang rechts bleibt, riskiert das Lichtsignal zu spät zu sehen und quasi automatisch auf die Rolltreppe einzubiegen. Der Menschenstrom lässt keine Chance für einen schnellen Richtungswechsel.
Während man die Treppe hochsteigt, versucht man über die Bodenkante zu lugen, ob man zwischen all den wackelnden Ärschen bereits die Anzeigetafel erkennt. Aha, noch zwei Minuten bis die S21 eintrifft, für mich also drei bis vier Minuten bis die S31 nach Altona einfährt. Zeit genug um den Bahnsteig bis zur Litfaßsäule runterzugehen, um in die letzte Tür des zweiten S-Bahnwagens einzusteigen, was mir später ein zügiges Umsteigen in Altona ermöglicht und in Bahrenfeld dann exakt auf Höhe der Treppe aussteigen läßt. Pendlerleben.
Es gibt aber Leute die sich für sowas nicht interessieren. Einer ist zirka 1m80 groß, grüner Parker, Pelzmütze aus denen fettige Haare herauslugen, eine Brille die ungefähr genauso billig war, wie die Gläser Dioptrin haben. Ein ausgemergeltes Gesicht mit einem jener fatalen Bärte die sich Leute trotz des widrigen Umstandes von mangelndem Bartwuchs wachsen lassen: einige wenige aber dafür um so längere Barthaare.
In Begleitung eine Frau die mich an die Freundin eines Bekannten erinnert. Noch um einiges ausgemergelter. Tief eingefallenes Gesicht. Alter undefinierbar. Ein verbrauchtes Gesicht, von vielen kleinen, zarten Falten durchzogen. Falten an Stellen wo sie eigentlich nichts zu suchen haben. Ein kratzende Stimme. Dunkle Haare mit einigen wenigen Strähnen die fettig quer durch das Gesicht zu kleben scheinen. Schwarz umrandete Augen.
Die S21 fährt hinter meinem Rücken ein, überholt mich, während ich an den beiden mutmaßlichen Junkies vorbeilaufe. Die Türen öffnen sich, Menschen steigen aus. Zwei Schwarze, einer von den beiden erinnert mich an Snoop Doggy Dog, sieht also aus wie man sich einen klassischen West-Coast-Rapper mit langem Vorstrafenregister vorstellt. Die beiden Junkies unterhalten sich laut, die Frau fragt "Wer den nun?", der Typ antwortet "Nicht die beiden, der dahinter".
"Der dahinter" ist nicht minder Schwarz aber von der Kleidung um einiges unauffälliger. Ich habe meine Litfaßsäule erreicht und lehne mich mit der Schulter dagegen und blicke in die Richtung aus der ich gekommen bin. Am Zeitschriftenkiosk quatschen der Schwarze und die beiden Junkies miteinander. Der Schwarze scheint in meine Richtung zu blicken und wedelt mit seiner Hand die beiden Junkies weg. In Gegenrichtung fährt die S31 ein. Alle drei Schwarzen steigen in diese S-Bahn ein, während die beiden Junkies in meine Richtung und an mich vorbei laufen, um auf halben Weg zum anderen Ausgang stehenzubleiben.
Meine S-Bahn fährt ein. Zweiter Wagen, letzte Tür, ich setze mich in die letzte Sitzreihe gegen die Fahrtrichtung, gegenüber einer älteren Frau mit tieflila geschminkten Lippen und dunkel gefärbten Haaren. Vor mir die große Fensterscheibe mit Blick auf den nächsten Wagen. Dort sitzt ein Mädchen roundabout 25 Jahre alt. Schwarzer Anorak. Sie hat sich die mit einer Art Pelzrand versehene Kapuze übergestülpt. Darunter eine tiefgrüne Mütze die sie im Verlaufe der nächsten Minuten sich immer tiefer ins Gesicht zieht.
Sie hat mit ihren beiden Armen ihre lila Tasche umschlungen und starrt meistens aus dem Fenster. Die Pupillen zittern, sie schaut sich also die Gegend draussen an, während die S-Bahn durch die Szenerie des Schanzenviertels und Altonas fährt. Die Altbauten, die Häuserlücken in denen Bulldozer und Kräne herumfuhrwerken, die leeren Einöden auf denen Sperrmüll und Autowracks abgeladen wird und gerade jetzt tiefe Pfützen und Matsch vorherrschen.
Sie hat ein reines, klares Gesicht. Ein kleiner dunkler Fleck auf der linken Wange, von dem ich zuerst vermutete dass es sich um Dreck auf dem Fenster handelt, ist wahrscheinlich eine kleine Hautunreinheit im Anfangsstadium. Heute eine Hautunreinheit, morgen ein Pickel. Schöne, leicht spitz zulaufende Augenbrauen. Die Junkies interessieren mich nicht mehr.

Sonntag, 02. Februar 2003

[01h08] Hinweis an Nachrichtensender: zehn Stunden später unter dem Logo "Breaking News" die Headline "Space Shuttle Columbia breaks apart over Texas" ist alles nur keine "breaking news"
Hinweis an junge Fernsehlokalreporterschnitten: auf der ersten NASA-Pressekonferenz als dritte Frage zu stellen wie sehr sich NASA Houston in der heimischen Gemeinde ("community") wohlfühlt und wie es eben jener Nachbarschaft nach dem Unglück gehen wird, sollte Grund genug sein dass Mikrofon aus der Hand gerissen zu bekommen.
Hinweis an Fernsehzuschauer: Ansammlungen jubelnder arabischer "Massen" von unter zwanzig Personen sind locker im Budget von TV-teams drin. Also brav auf den Kameraausschnitt achten ob es sich wirklich um eine Menschenmenge handelt, oder es Ulrich Klose und Konsorten waren, die zu einer Party eingeladen haben.
Hinweis an deutsche Privatsender: Ungerührt eine Star-Trek-Folge zu zeigen, ist, Achtung, mein momentanes Lieblingswort, zumindest ziemlich schmerzfrei.

Samstag, 01. Februar 2003

[19h07] Shuttle -- Wozu man GeoURL verwenden kann: das ist eine Übersicht über Weblogs mit dem Zentrum in der Nähe von Dallas. Das Trümmerfeld beginnt ca. 100 Meilen südöstlich von Dallas
[18h14] Shuttle -- Eine Zeitung in Florida hat zufällig über die geplante Shuttle-Landung ein Weblog geführt. Dave Winer/Scripting.com hat eine Kommentarseite aufgemacht für um Links und Infos zusammenzutragen.
[18h02] Shuttle -- Wetterradarbilder: Texas NEXRAD, NOAA. Tyler - Alexandria liegen ca. 300km auseinander.
[17h20] Shuttle -- Der Zeitablauf:
1359 GMT (8:59 a.m. EST) - At an altitude of 40 miles, shuttle Columbia has entered Texas.
1401 GMT (9:01 a.m. EST) - Columbia is out of communications with flight controllers in Houston. Now 15 minutes from landing time.
1404 GMT (9:04 a.m. EST) - We're getting reports from Texas of debris behind the shuttle's plasma trail during reentery.
1405 GMT (9:05 a.m. EST) - THERE HAS BEEN NO COMMUNICATIONS WITH THE SHUTTLE. Mission Controllers waiting for tracking data from the Merritt Island station.
1406 GMT (9:06 a.m. EST) - Mission Control waiting for C-band tracking data and UHF communications with Columbia through MILA. Houston lost communications with the shuttle a few minutes ago over Texas. We have gotten reports of debris in the sky.
(via scripting.com)
[16h27] Nachtrag: Es hat sich eine Explosion ereignet und eine Space-Shuttle ist im Landeanflug auseinandergebrochen, bei sechsfacher Schallgeschwindigkeit in 200.000 Fuss Höhe. 7 Astronauten an Bord, u.a. der erste israelische Astronaut.
[15h45] Shit. CNN meldet gerade dass eine Space-Shuttle ist im Landeanflug Trümmerteile hinter sich lässt.
[14h15] WebDev -- Linkchecker hat nun fertig gespidert. Für eine Website mit 849 HTML-Seiten (nicht 2.500 wie ich gestern jemandem aufgrund einer falschen Dreamweaver-Angabe erzählt habe) und eine Rekursionstiefe von 4, wurde etwas mehr als 40 Minuten gebraucht. Stolzes Ergebnis: nur vier tote Links, wobei diese Links alle im NOFRAMES-Bereich von Framesets sind, also nicht auf Inhaltsseiten und damit nahezu alle User nicht betreffen dürften.
[13h59] Der BBC Worldservice geht in "Newshour" in einem Beitrag gerade der Frage nach: wie begrüßt man sich in Frankreich richtig. Das Kernproblem, vom Moderator richtig erkannt: wie häufig küsst man sich auf die Wange. Die Interviewpartnerin läßt sich dummerweise auf eine Debatte ein und versucht zu strukturieren wer wo in Frankreich wie häufig küsst.
Als Halbfranzose kann ich versichern, dass das Unsinn ist. Die Franzosen wissen es selber nicht. Die Tendenz geht immer stärker zur Zwo-Kußbegrüssung, während ich immer noch den asymetrische Drei-Kuß-Gruß bevorzuge. Das führt natürlich häufig dazu daß ich beim dritten Mal ins Leere küsse oder gerade noch eine behaarte Ohrmuschel abbekomme. In Diskussionen zeigt sich immer wieder: es gibt kein Knigge, keine Regel. Und vier Küsse, wie vom Moderator erwähnt, die kommen extrem selten vor. Sind vom Aussterben bedroht. Mit Grund. Wer noch nie als selten gesehener Verwandte in eine große Runde dazugestoßen ist (Hochzeit, Taufe etc...), weiß gar nicht was das heißt, Akkordbegrüßung zu leisten.
[13h23] Verstehe ich nicht. Kalt wie Hulle draussen, dass einem die Nasescheidewand zwickt und der kondensierte Atem im zehn-Tage-Bart festfriert, aber kaum noch Schnee draussen...
[12h17] WebDev -- Re: Suche nach einem Linkchecker. Ich bin inzwischen bei Unix-Tools fündig geworden. Man installiere sich "Fink" auf seine MacOS X-Kiste. Fink ist ein Software-Projekt welches sich bemüht UNIX-Software so zu modifizieren, dass es sich in der UNIX-Shell von OS X kompilieren lässt. Installiert man sich Fink auf seinem Rechner, bekommt man einen UNIX-Befehl "fink". Über "fink scanpackages" kommt man in eine Textoberfläche in der man sich eine Liste mit den zur Verfügung stehenden "Packages" (OS X-kopmpatible UNIX-Software) aktualisieren und anzeigen lassen kann. Alternativ kann man mit "fink install foo" "packages" direkt installieren.
"Linkchecker" ist eines jener UNIX-Tools die vom Fink-Projekt OS X-tauglich gemacht worden sind. Via Fink ist Linkchecker 1.8.1 erhältlich, aktuell ist zwar 1.8.6 die Unterschiede scheinen marginal zu sein.
Wenn es installiert ist, kann man mit Linkchecker -optionen www.foo.com/ den Checker starten, der sich dann aufmacht Websites nach "kaputten" Links zu durchsuchen. Offensichtlich geht Linkchecker dabei anders vor, als die Offline-Tools wie z.B. BBEdit. BBEdit scant eine lokale Website oder ein Verzeichnis HTML-Datei für HTML-Datei durch, überprüft in jeder Datei jeden Link. Diese Methode hat einen Nachteile. Sie scant auch Dateien durch, die nicht für die Öffentlichkeit gedacht sind (z.B. Backup-Dateien). Schön wäre es gewesen wenn BBEdit diesen Ansatz benützt hätte, um z.B. auch verwaiste Dateien (Dateien auf die nicht gelinkt wird) anzuzeigen.
Bei Dreamweaver bin ich mir nicht sicher wie es arbeitet. Über die Backup-Dateien ist es nicht gestolpert, aber woher weiß DW MX wo es mit dem scannen anfangen soll, wenn es nicht wirklich jede Datei durchgeht? Mit dem Linkchecker von Dreamweaver, der leider auch nur lokal funktioniert, habe ich zwar direkt keine schlechte Erfahrungen gemacht. Aber die Ergebnisse der DW MX-Validation sind so katastrophal und unbrauchbar, dass ich inzwischen sehr skeptisch gegenüber den DW-Sitereports geworden bin.
Es gibt auch Online-Linkchecker im Web, namentlich vom W3C den "checklink". Wie Linkchecker kann rekursiv gearbeitet werden. Man gibt also einen Startpunkt an (eine URL) und von dort wird jedem Link nachgegangen und auf den dortigen Seiten, je nach sog. Rekursionstiefe wiederum deren Links nachgespürt. So jagen Linkchecker und checklink einen imaginären Linkbaum an HTML-Seiten rauf und runter.

 

Hier geht es zu den dogfood in der vierten Januar-Woche....

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