dogfood Oktober 2003 [2]

Dienstag, 14. Oktober 2003

[14h20]Laß mich endlich los, ich muß raus... Okay, 'ne Minute bleib ich noch... nun ist gut, ich muß ins Büro... HEYYYEYY! Hast du nicht gehört? Ich muß hoch! Fuck, ich komme jetzt schon zu spät! ... Ist guuhut jetzt! Ich werde langsam sauer! Läßt du mich in Ruhe?...
So hat sich ungefähr heute morgen, dem ersten Augenaufschlag nach zu urteilen, gegen 8h07, mein Dialog mit meiner Bettdecke angehört. Der Kampf war hart, aber ich konnte siegen. Obwohl... na ja, ein anderes Mal...
Ich bin alleine in meinem „Aquarium“ im Büro, Tischgegenüber Carsten hast fast zwei Wochen Urlaub. Das hat mir heute sehr gut in den Kram gepasst, konnte doch die Musikbeschallung entsprechend zur Selbstmotivation eingesetzt werden, und ich bin richtig fein vorwärtsgekommen. Soweit bin ich mit der MT-Prokelei endlich durch.
Gestern gab es dann doch grünes Licht für ein neues, längerfristigeres Projekt, dass noch ungefähr sieben Monate bis zur Niederkunft braucht und sich wohlmöglich als kleines Minenfeld für persönliche Eitelkeiten entpuppen könnte...
[10h35] China hat nun offiziell bestätigt irgendwann zwischen dem 15ten und 17ten Oktober den ersten „Taikonauten“ (=chinesischen Astronauten) in den Weltraum zuschicken. Aus Angst vor einem Fehlschlag, wird es keine Live-Bilder geben (BBCNews)
[08h22] Politics -- In Deutschland ist die Debatte um das islamische Kopftuch in Schulen mit voller Wucht erst vor 2-3 Wochen nach dem Bundesverfassungsgeruchtsurteil losgetreten, interessanterweise mit der Tendenz in liberalen Medien das Kopftuch im Sinne der Meinungsfreiheit zu erlauben.
In Frankreich sind diese Debatten ein alter Hut, brechen aber in diesen Wochen wie in extremis aus. Letzte Woche sind zwei Schülerinnen (16 + 18Jahre) aus der Schule geflogen, weil sie das Kopftuch nicht abnehmen wollten (BBC News). In dieser Woche geht es nun vor Gericht weiter, mit einer Beamtin aus dem Pariser Rathaus, dass ebenfalls das Kopftuch im Rathaus nicht abnehmen will und sich zudem weigert Männern die Hand zu geben.
Die Diskussionen in Frankreich sind u.a. deshalb alt und intensiv, weil der „Laizismus“, die Trennung von Staat und Kirche, eines der Fundamente des französischen Staates ist, und die Probleme sich seit der massiven Einwanderung von Nordafrikaner in den Sechzigern stellte.
In Frankreich wird die Diskussion erstaunlich „unlinear“ geführt. Egal was für eine Meinung man zum Verhältnis des Islams zu Frauen und insbesondere dem Kopftuch hat, daraus kann in der Debatte nicht auf die Meinung pro- oder contra Kopftuch in öffentlichen Einrichtungen geschlossen werden.
Es gibt nicht wenige Frauenrechtler(innen) die argumentieren, dass eine strenge Auslegung der sekulären Verordnungen, die „Kopftuch-Frauen“ aus dem öffentlichen Leben ausgrenzen und direkt in die Arme von konserativen Immans treiben.
Genau aus der gleichen Richtung kommt aber der Einwand, die kopftuch-freie Schule wäre der letzte Ort an denen die Mädchen die Kopftücher ablegen und sich zwanglos bewegen könnten.
Genau das ist das Dumme. Beide Ansichten sind genauso diametral entgegengesetzt, wie richtig. Der Schlüssel liegt wahrscheinlich woanders: der Islam braucht eine Reformationsbewegung. Und je öffentlicher diese geführt wird, desto mehr wird die Akzeptanz des Islams in der westlichen Welt wachsen.

Montag, 13. Oktober 2003

[20h02] Music -- Mag sein dass ich die K7-Newsletter zu selten lese. Aber dass die neue Ursula Rucker von K7 nicht nur als 10US$-CD sondern auch als 5US$-MP3-Download angeboten wird, plain ohne irgendwelche DRM-Kacke die nur mit dem Krabattke-Media-Player und inkludiertem K7-PlugIn nach dreimaliger Anmeldung auf G4-Rechnern ohne Sony-DVD-Laufwerke und mit Auschluß aller Bewohner Nord-Schleswig-Holsteins die keine VISA-Card haben, funktioniert.
Bei näherer Betrachtung: da ist noch diverses anderes Material von K7 als downloadbare Bezahl-MP3 erhältlich (leider noch keine DJ-Kicks) und das seit geraumer Zeit.
Schön, dass es doch noch Leute gibt, die das Internet einfach und simpel machen. Thx, K7.
[19h37] Web -- Ich wollte ja schon auf das französische Original „Internet saisi par la folie des 'weblogs'“ verlinken. Doch dann fiel mir ein, dass es vom „Le monde diplomatique“ eine deutsche Ausgabe gibt und prompt fand sich in deren August-Ausgabe eine Übersetzung: „Salam Pax, Warblogs und andere Online-Tagebücher“. Einer der intelligentesten zeitungsartikel zum Thema.
[18h57] Web -- Eric Meyers Eintrag „Checks and Balances“ bringt dank Wortspiel Honorarscheck und Eolas in einem Text unter und erinnert an das Fundament des Internets. „Community“
[18h52] WebDev -- HTMLdog, ein interessanter AnsatzHTML und CSS näher zu bringen, unterteilt in den gewischtsklassen „Anfänger“, „Fortgeschrittene“ und „Profis.“ (Hat tip: Buzz von Webstandards.org)

Sonntag, 12. Oktober 2003

[19h10] Hmm. Nicht so schlimm wie ich dachte. Ging schneller als erwartet. Und auch nicht so „kratzig“. Ausbaufähig und wird wohl öfters mal gemacht werden. Ich glaube ich kann nachvollziehen wieso andere Leute es „gut“ finden.
[11h36] Das Wetter ist so fies. Da habe ich mich am Donnerstag auf das trübe Wetter mit schönen Windboen gefreut. Ich verlies gegen fünf das Büro und es fing standesgemäß an zu nieseln. Ich fuhr mit der Bahn nach Rissen raus und wie ich von der S-Bahn-Station die zwanzig Minuten bis zur Bootswerft runterging, wurde der Wind immer lauer.
Nichts mit kräftigen Windböen. Die Elbe war etwas aufgerauht und zeigte einige weiße Schaumkronen. Nicht mehr und nicht weniger. Es war Flut und die Elbe deutlich höher als bei meinen letzten beiden Besuchen, so daß ich in Wittenbergen das Ufer verlassen und auf die kleine Straße hinter dem Campingplatz ausweichen musste.
Einerseits war es wesentlich ruhiger. Es waren kaum Schiffe zu sehen gewesen und von den üblichen Schön-Wetter-Wurstbrat-Aktivitäten gab es nichts zu sehen. Keine Möven, nur einige Grillen zirpten ihren Kältetod entgegen. Es gab Momente der scheinbar absoluten Stille, in denen man nur das Plätschern der Wellen gegen die Steine der Uferböschung oder das Auslaufen der Wellen am Sandstrand hörte. Inmitten dieser Stille stand dann ein großer Baum, dessen Blätter aus Leibeskräften zu rascheln schien. Es machte den Eindruck als wäre dieser Baum der Ursprung aller Geräusche dieser Erde, der akustische Urknall inmitten des Nichts. Der riesige Baum mit seinen braunen Blätter schien das Zentrum des Universums zu sein. Nur um beim Weitergehen in die Bedeutungslosigkeit zu verschwinden. Nach zehn Meter war der Baum vergessen.
Ich war knapp anderthalb Stunden früher als die letzten beiden Male an der Elbe. Zwischen Rissen und Wittenbergen war kaum eine Seele. Nun begegnete ich zwischen Rissen und Blankenese alle Nase lang Jogger oder Hundebesitzer.
Trotz des eher unangenehmen Wetters hatte der kleine Kiosk kurz vor Blankenese noch offen. War es im Sommer noch ein Treffpunkt der vereinigten Cabrio-Fahrer, so versammelten sich nun am frühen Abend diverse Hundebsitzer um von sich und ihren Kötern zu reden. Es ist auch der Teil von Blankenese, wo die Häuser, je exponierter sie stehen, desto höher hinter graue Betonmauer oder dunkelgrüne Büschen verschanzt sind.
An der Strandpromenade von Blankenese wurde es wieder ruhiger, inzwischen war die Sonne untergegangen. Die einzigen Lebenszeichen kamen von den Restaurants die unisono dabei waren, langsam alles reinzustellen was noch draussen waren: Stühle, Tische, Schirme, Aufsteller. In den Restaurants, größtenteils mit rustikal-gesetztem Interieur sah man kaum Gäste. Erst als ich am „Strandhotel“ vorbeigegangen bin, wurde es laut. Von der Straße aus macht das „Strandhotel“ mit seinen hohen Stuckdecken den Eindruck eines klassischen Kurhotels aus der Jahrhundertwende. Think of Baden-Baden. Lautes Stimmenwirrwarr. So gesittet der äußere Eindruck war, so muß man anscheinend auch in solchen Etablissements gegen die Lärmkulisse anschreien um sich mit seinen Tischnachbarn zu verständigen.
Es nieselte weiter vor sich hin. Ich gehe die Treppen zum Zentrum hoch. Es ist kurz nach Acht. Die Läden hatten alle längst zu, in den Apotheken und Bäckereien sah man ein, zwei Personen mit Besen hantieren oder Vitrinen wischen. Der Zufall wollte es, dass am Blankeneser Bahnhof der „22er“-Bus abfahrtbereit stand. Ich wohne nordöstlich von Blankenese, könnte knapp eine dreiviertel Stunde in einem weiten „südlichen“ Boden mit S-Bahn und Bus fahren, oder eben mit dem „22er“ in einem etwas direkteren aber ebenso langen „nördlichen“ Bogen.
Der „22er“ startet zwar im feinen Blankenese, aber rollt dann durch trostlosere Wohn- und Industriestadtteile wie Iserbrook, Osdorf, Stellingen und Lokstedt. Um halb neun war die Fahrt durch ein ewiges Ein- und Aussteigen von Teenager geprägt. Mädchen in weißen Thermojacken, mehr oder weniger gepierct, Haare mehr oder weniger geflochten, Gesicht mehr oder weniger geschminkt. Immer in Begleitung. Mal der kleinere Bruder, mal der türkische Lover mit der pomadisierten Frisur, mal die beste Freundin. Selten länger als drei Stationen mitgefahren. Ab Stellingen, mit seinen tristesten Flachbau-Industriestätten, stiegen vermehrt ältere türkische Frauen zu, ab der U-Bahn-Station „Hagenbecks Tierpark“, und damit dem Erreichen von Lokstedt, wurden die Fahrgäste deutlich wohlhabenderer. Ein Querschnitt durch Hamburgs Westen.
Das gleiche Schicksal das mir mit schöner regelmäßigkeit Samstag abends das Cappuccino-Pulver verschwinden läßt, sorgte dafür, dass am Freitag der Wind wieder kräftig blies.

David Rae Morris for The New York Times
[10h03] Das Interview das Hackman & Hoffman anläßlich ihres ersten gemeinsamen Films Jennifer Senior von der NY Times gegeben haben, ist genauso relaxt wie das Bild.
Beide, inzwischen 73 bzw. 66 Jahre alt, sind vor einem halben Jahrhundert in die gleiche Schauspielschulklasse gegangen, drehen aber jetzt ihren ersten gemeinsamen Film.
Ein Interview über beschrieben Stühle, Marlon Brandos „Hörhilfe“, über die Beinahe-Fehlbesetzung in „The Graduate“ („Die Reifeprüfung“) und Hackman'sche Entspannungsübungen.
HOFFMAN: „Say the word 'orgasm', and everyone's head goes blank.“
Sag' ich doch: relaxtes Interview.
[09h24] Ich betrachte es als persönlichen Affront des Schicksals gegen mich, dass mir das Cappuccino-Pulver immer am Wochenende ausgehen muß, bevorzugt am Samstag gegen 19h59 (obwohl 9h24 am Sonntag morgen ja schon schlimm ist). So entstehen Diktatoren, Massenmörder und BILD-Redakteure. Wollen kurz nach Ladenschluß Farbpigmente, Thunfisch oder ähnliches kaufen, stehen vor verschloßenen Türen, die Tankstellen führen das Produkt nicht in ihrer Sortimentspalette. Also beschließt man die Menschheit ins Unglück zu führen.
[08h22] Ach ja, war das schön gestern. Sinnlos Zeit verplempert, abgesehen von ein bißchen aufräumen. Hier und da ein Minütchen Sport im Fernsehen geguckt und auf dem Rechner „Age of Empires II“ installiert und gespielt. Nach knapp sechs Stunden an einem ähnlichen Problem wie Adolf H. aus B. gescheitert: den gemeinen „Zwei-Fronten-Krieg“. Im Süden die Blauen, im Osten die Grünen.
Mein Bürokollege hat mich etwas angefixt, weil er seit 2-3 Tagen wie ein Besengter „Star Wars Galactic Battlebattlegrounds“ spielt, ein anderes „Real-Time-Strategie“-Spiel.
Was mir abgeht, ist ein einfaches rundenbasierendes Strategie-Spiel wie „Empire“ oder „Battle Isle“. Mir nur wegen „Advanced Wars“ einen Gameboy zu holen, erscheint mir etwas überzogen...

Samstag, 11. Oktober 2003


Links Fréderic Michalak, rechts Kitione Salawa
[13h36] Ich kann es nicht verstehen warum Frauen auf die Mutanten-Schultern von gedopten 2m20 großen, mit Chlor-Akne versehenen Schwimmern stehen (ich kenne da noch mehr, nicht nur Frau G. aus H.). Anläßlich der derzeitig stattfindenden Rugby-WM (zu sehen im DSF und TV5), möchte ich auf die dortigen Sportler hinweisen, insbesondere die der hinteren Reihen, die durchaus menschliches Antlitz besitzen. Die Franzosen haben z.B. recht fesche enganliegende Trikots. Und die Fidjis hatten gleich zwei mit Rasta-Locken herumlaufen (was Geld auf der Welt würd ich ausgeben, wenn ich es jemals zu solchem Haar gebracht hätte). Und das alles völlig ungechlort! Es wird nur ab und zu ein Ohr abgebissen.
DVD-Cover
The Duellists
[10h44] Film -- Am Donnerstag lief „The Duellists“ auf 3Sat, der erste Film von Ridley Scott, der bis dato, 1977, 15 Jahre lang nur Fernsehserien abgedreht hatte. Zwei Jahre später dann sein 2ter Film „Alien“.
Der Film strotzt nur so vor erdigen Farben, man muß an Kubricks „Barry Lyndon“ oder auch Scotts „Gladiator“ denken.
Der Film spielt zu Zeiten der Napoleonischen Feldzüge, roundabout 1800. D'Hubert/Keith Carradine und Feraud/Harvey Keitel, beide in der Armee, geraten wegen einer Nichtigkeit aneinander und duellieren sich.
Das Ego der beiden ist so groß, dass sie in den darauffolgenden knapp 15 Jahren, wann immer sie sich über den Weg laufen, sich gegenseitig zum Duell auffordern, mit immer tödlicheren Waffen, bis es am Ende zum Pistolenduell kommt...
In diesen anderthalb Jahrzehnten streicht die Weltgeschichte nur so vorüber. D'Hubert und Feraud werden in Augsburg und in Lübeck stationiert, Napoleon stürzt, König Ludwig, der XVIII. wird installiert. Während D'Hubert problemlos die Fronten wechselt und dank angeheirateter Verwandtschaft zum Monarchisten wird, wird Feraud als „Republikaner“ in den Kerker geworfen.
Zwar sieht es immer so aus, als würde Feraud die Duelle anzetteln, D'Hubert tut aber nicht gerade viel um diesen Duellen aus dem Weg zu gehen. Am Ende veranlaßt er sogar die Entlassung Feraud aus dem Kerker. fast so, als würde es ohne seinen Antipoden kein eigenes Leben mehr geben.
Auch wenn der Film mit Landschaftsaufnahmen nicht geizt, Carradine und Keitel stehen im Mittelpunkt, die anderen Personen wirken wie Staffage. Das verleiht dem Film kammerspielhaftes und intensiviert die Konzentration auf die beiden Protagonisten. Man ist nach dem Film auch prompt etwas „außer Atem“.
Achtung Spoiler: das Schlußduell, mit je zwei einschüßigen Pistolen, findet in und an einer Schloßruine statt. Carradine hat die Chance Keitel zu erschießen, der seine beiden Schuß schon verschossen hat. Er läßt ihn aber am Leben. Er würde sein Leben nicht mehr über Feraud definieren wollen. Feraud würde nun quasi ihm gehören. Feraud wäre quasi tot. Auch wenn er ihn am Leben lassen würde, von nun an wäre er für D'Hubert tot. Feraud stapft mit völliger Leere in Geist und Körper einen Hügel rauf und steht vor einem felsigen Abgrund, mit Blick auf einen silbern glänzende Flußbiegung, einer Hügelkette am Horizont und der gerade aufgehenden Morgensonne.
Ist bereits die gesamte Schlußsequenz mit Duell surreal schön, so ist diese Schlußszene wie ein Gemälde von Caspar David Friedrich (ich bin mir sogar angesichts der Körperhaltung von Feraud nicht sicher, ob es nicht sogar ein Bildzitat ist).
Ein Film der harmlos daher kommt, sich nicht damit brüstet ein 35mm-Spielfilm zu sein und doch sehr intensiv ist. 7 von 10 Säbel in meinem Film-Ranking.
[10h16] Heute morgen auf dem Weg zum Supermarkt. Frau und, mit einigen Schritten Abstand, Mann kommen aus dem Supermarkt. Der Abstand der beiden ist so groß, dass man die beiden nicht für ein Paar hält. Zumal er ein fast fünfzigjähriger Herr ist, der drei Kilometer gegen den Wind nach „Beamter“ riecht. Und sie eine dreißigjährige Schwarze ist, mit Pockennarben im Gesicht, die unter ihrem ockerfarbenen Anorak buntbemusterte Klamotten trägt.
Sie schließt den Einkaufswagen an und läuft, mit zwei Plastiktüten bepackt, wieder auf den Fußweg. Dieser kleine Umweg läßt den Mann wieder aufschliessen und neben ihr gehen. Offensichtlich ein jede Woche ausgeübtes Ritual. Der Mann weiß in welchem Abstand er seiner Frau beim Verlassen des Supermarktes zu folgen hat, damit er danach automatisch aufschließt.
Sie mit den beiden schweren Plastigtüten und er mit seinen Händen in den Taschen. Unter der Jacke guckt ein Hawaii-Hemd-eskes Stück Stoff hervor. So gehen sie im Nieselregen Seite an Seite nebeneinander die Troplowitzstraße runter. Es ist nur ein halber Meter Abstand. Und doch hat man das Gefühl beide trennten Kilometer.
[09h22] Kaufbefehl! (Hat tip: Matt Haughey)

Freitag, 10. Oktober 2003

[21h44] Die "Freitags Fünf" sind heute aus gegebenen Anlaß woanders gelandet.
[11h32] Mai: 16,01 EUR, Juni: 93,50 EUR, Juli: 55,45 EUR, August 44,76 EUR, September: 14,06 EUR
Der Zusammenhang zwischen „Verliebt-Sein“ und Handyrechnung.
[10h45] Weltkalauertag -- „Scheiße, ich muß zum Finanzamt, nach Viersen. Ich weiß noch nicht einmal wo Viersen liegt!?“
„Na, wahrscheinlich 1km hinter Dreisen“
„Ach, woher weißt du das? Wohntest wohl früher in Zweisen?“
„Neee. von der Schule. Da hatte ich in Geographie immer Einsen.“
(Chat des Bürokollegen)
[10h06] Sollte ich heute doch noch meine Umsatzsteuervoranmeldung schreiben, so wäre es ein unglaublicher Triumph des Willens über den inneren Schweinehund, der heute aber ganz, ganz laut kläfft. Sprich: Unlust Bürokram zu machen, ist sehr groß.

Donnerstag, 09. Oktober 2003

[11h05] Wenn den im Radio schon „My Adidas“ von Run DMC laufen, so kann man die Gelegenheit nutzen bei der weltbesten Basketballschuhe-Site „Kicksology“ vorbeizugehen, um angesichts der bevorstehenden NBA-Saison sich die neuen Modelle anzusehen. Die neuen „T-Macs“ sind schon heftig.
Das Tim Duncan türkise Schuhe trägt, habe ich schon immer vermutet. Ein Grund mehr die Spurs nicht wirklich zu mögen. Bäh!
[10h47] Ich glaube ich sollte mal die nächsten Tage abends wieder nach Wedel an die Elbe rausfahren. Merkwürdiges Wetter, dieses.
Wenn ich morgens die Fußgängerzone in Ottensen entlanggehe, wirft die tiefe Sonne im Rücken einen langen Schattenriß meinerselbst auf den Weg. Die Häuser vor mirwerfen das Sonnenlicht so heftig zurück, dass ich die Augen zukneifen muß. Selbst der Himmel strahlt. Ein grelles Cyan, ungetrübt von jedweden Hauch von Wolke. Wenn nicht der lange Schatten durch die tiefstehende Sonne wäre, und nicht das kleine Kondenswölckchen das ab und zu beim Atmen in die Luft steigt, man könnte es für Hochsommer halten.
Im Laufe des Vormittags setzt dann ein immer stärkerer Wind ein. Mit dem Wind kommen die Wolken. Wenn es nachmittag snicht regnet, geben die Wolken ein sensationelles Schauspiel ab. Halb aufgerissen, eilen sie auf verschiedenen Höhen mit unterschiedlicher Geschwindigkeit und unterschiedlichem Grauton über den Himmel. „Parallax-Scrolling“ der Natur.
Wie muß es jetzt erst an der Elbe sein? Wird das Wasser ganz aufgerissene kleine Wellen haben? Wird das rauhe Wasser dunkler als sonst sein, oder kleine Schaumkrönchen haben? Wird man mehr als sonst das Salz in der Luft schmecken können?
[10h09] Gestern ging es dann weiter mit der Tom-Brokaw-Show in „NBC Nightly News“. Die Annäherung von Fernsehnachrichten an den Film.
Brokaw interviewte einen ehemaligen Bürgermeister von L.A. (oder war es SF?). Nein, nicht einfach im Studio oder in irgendeiner Bude. Vielmehr kam wieder das „Brokaw-Mobil“ zum Einsatz, das türkisfarbene Cabrio mit welchem er bereits am Vortag in zehn Sekunden die Soziostruktur Kaliforniens erklärte.
Brokaw wieder auf dem Fahrersitz, auf dem Beifahrersitz der Herr Bürgermeister a.D.. Auf der Motorhaube und auf der rechten Seite waren Kameras installiert. Brokaw fährt einen Highway runter, der Bürgermeister gibt seine Statements ab, die Kamera auf der Motorhaube zeigt zwei entspannte Männer unterm kalifornischem Himmel.
Das einzige Stück „Analyse“ zum Recall, dass sich NBC gönnte, war ein Beitrag über den Aufstieg eines österreichischen Immigranten der vom Bodybuilder über die Schauspielerei zur Politik fand. Der alte amerikanische Traum vom Aufstieg des Tellerwäschers wurde wieder gesponnen.
Wer mehr über die Hintergründe zur Wahl wissen will, dem legt Chris den dortigen NPR-Sender KPCC und die Sendung „AirTalk“ nahe. Leider sind in deren Archiv noch nicht die Sendungen von dieser Woche.

Mittwoch, 08. Oktober 2003

[22h56] Web_Blog -- Bonbonspacken rulez. Grandioses Eigentor von NEON, dem „Jugendableger“ des STERNs. Auf der Suche nach Content hängt man sich an Genossem Trend an, und grast die Bloggerszene nach Schreiberlinge ab. Dagegen gäbe es nichts zu sagen, wenn das Anliegen seriös vorgetragen würde und nicht auf der Art eines verschwitzten Spammers der blauen Pillen unters Volks bringen will.
Eine DotComTod-Geschichte über einen Blog-Eintrag bei „Genetic Freak/Größer Achtzehn“ bringt es an den Tag: das Magazin hat keinen Bock wie jetzt.de sich eine eigene Community aufzubauen, mailt stattdessen massenweise deutsche Blogger an, „personalisiert“ alleine durch die Anrede mit Vornamen.
Wer sich einen Überblick verschaffen will, kann ja mal bei blogg.de nach „Neon“ suchen lassen. Oder sich die „Experten-Seite“ bei NEON ansehen. Frech: „Dann heißt die Devise: Schnell anmelden! Es kann nicht unendlich viele Experten zum selben Thema geben - und wer zuerst kommt, der ist auch zuerst drin!“ Wir betteln die Leute um Content an, setzen sie aber terminlich unter Druck?
Hier geht es nicht um die Möglichkeit der Selbstdarstellung von Bloggern. Hier hat sich der Blogger dem Produkt „NEON“ zu unterwerfen. Themenvorgabe, Design. NEON bestimmt die Spielregeln, nicht der/die Blogger.
Mir schmeckt an dieser Geschichte nicht, dass sich ein kommerzielles Produkt einer gewachsenen Infrastruktur und eines gewachsenen Netzwerkes bedient OHNE irgendetwas zurückzugeben. Was NEON von Infrastruktur und Netzwerk verlangt, ist die Ausstellung eines Blankoschecks. NEON gibt evtl. in Zukunft der „Community“ eine entsprechende Website zurück („Zunächst erscheinst du mit deinen Texten und deiner persönlichen Vorstellung im NEON-Expertennetz auf der Website www.neon.stern.de. Dieses Netzwerk ist im Moment noch im Aufbau begriffen, man sieht es noch nicht.“). Es regiert das Prinzip Hoffnung. Es regiert das Prinzip „New Economy“. Im Jahre 3 nach dem Downturn. Was von der Website zu erwarten ist, läßt bereits heute der Code der aktuellen NEON-Site ahnen: <meta name="robots" content="index,follow,noarchive">. Noarchive...
Mal sehen wie das Gästebuch von NEON in den nächsten Tagen aussieht.
[21h54] Web -- Okay, es wird kompliziert: ich weise auf BoingBoing hin, der wiederum auf Werblog linkt, welcher auf einen Artikel bei paidcontent.com hinweist, der eine Rede des BBC Chefs für „New Media and Technology“, Ashley Highfeld enthält: „TV's Tipping Point: Why The Digital Revolution Is Only Just Beginning
Der Artikel ist unter zweierlei Gesichtspunkten interessant. Nicht nur dass hierbei eine Zukunftsvision gestrickt wird, die Breitband, P2P, Digital-TV und Video-Content miteinander verknüpft, sondern auch andeutet dass die BBC sich massiv in diesen Bereich einklinken wird.
Bereits vor einigen Wochen ging die BBC mit der Aussage an die Welt, seine Archive komplett und unentgeltlich der Öffentlichkeit zur Verfügung zu stellen, weil man als Öffentlich-rechtliche Anstalt die Verpflichtung hat, die produzierten Inhalte möglichst weit zu streuen.
[...]New research from the BBC has revealed four new and significant social trends that show that the way in which we consume TV is changing forever. From this we have been able to start changing our programmes and content. Broadly these trends show that viewers are taking much more control of what and how they view, they're joining in with their programmes, consuming more media simultaneously, and sharing all this content with each other.
[16h31]Gnä' Frau, Sie haben nicht zufällig doch noch ein Auto übrig...
Ich glaube auf meinem Heimweg wird es sich bitter rächen, dass ich nie mein Kleingeld in die kleinen Plastikschiffe für Seenotrettungskreuzer reingeschmissen habe.
„Har, har“, höre ich es schon selbstgerecht aus der anderen Agentur schallen. Jajajaaa...
[14h54] MacOS X -- Panther kommt, 24.Oktober, 20h EST. Mac OS X 10.3 „Panther“, 149,- EUR
Ferner gibt es neue Versionen von iCal (1.5.1) und iSync (1.2.1).
[05h13] TV -- Ich habe mir gestern abend auf CNBC „NBC Nightly News“ mit Tom Brokaw angesehen. Wenn das eine der meistgesehenste Nachrichtensendung ist, wundert es mich nicht, dass sowas wie Bush Präsident wird.
Da steht vorne ein weißhaariges Männchen, noch steifer als sonst, mit einem Besenstiel sonstwo reingeschoben. Bevor das Rotlicht vor der Kamera angeht, nimmt er Luft und presst dann eine Minute lang, ohne Luft zu holen, mit unglaublichen Tremolo, seine Wörter in Satzfragmente raus. Egal ob sie Sinn machen, Hauptsache seine Presssätze klingen gut und er kann zweimal eine dramatische Betonung einlegen, zum Beweise der Nachrichtenkompetenz.
Wegen dem kalifornischen „Recall“ wurden die Nachrichten von New York nach Los Angeles verfrachtet. Im Einleitungsstück sieht man Brokaw im Cabrio fahren, Kamera auf dem Beifahrersitz, zeigt Brokaw wie er durch ein Latino-Viertel fährt. Brokaw sagt: „Hier wird die Wahl entschieden. Hier werden die Demokraten versuchen soviele Hispanics wie möglich an die Wahlurne zu bekommen“. Schnitt. Brokaw fährt durch eine noble Villengegend „Und hier in Pasadena wird die Wahl auch entschieden. Die Republikaner werden versuchen ihre Anhänger zur Wahl zu motivieren“. Schnitt. Brokaw ist wieder im Studio und spricht seine Presssätze. Diesmal mit Tim Russert aus einem anderen Studio. Russert soll analysieren. Russert beginnt jeden Satz mit „Tom“. „Tim, wie populär ist Gray Davis?“ „Tom, unsere Umfragen zeigen, er ist nicht populär. Nur 29% befürworten seine Politik“ „Tim, warum ist das so?“ „Tom, wir haben die Leute befragt und es zeigt sich eine hohe Unzufriedenheit mit der wirtschaftlichen Situation. Knapp achtzig Prozent sind nicht zufrieden mit der Wirtschaft in Kalifornien.“ „Danke, Tim
Ich finde bereits Bushs Stil unerträglich komplexe Sachverhalte in Simpelsätze mit Objekt-Subjekt-Prädikat zu schmelzen, selten mehr als zehn Wörter, nie, nie, nie mit Komma. Könnte zu komplex werden. Für den Wähler, aber wohl auch für ihn.
Wenn man sich die Nachrichten mit Brokaw anschaut, weiß man auch woher diese Neigung kommt. Vor Jahren begann die üble Neigung Nachrichten im Sinne einer vermeidlichen „Zuschauerfreundlichkeit“ „nutzwertiger“ zu machen, ähnlich dem was der FOCUS in Deutschland im Kampf gegen den SPIEGEL macht.
Nun der nächste Trend: Nachrichten müssen filmreif kommen. Jeder Satz muß wie High-Noon klingen, deshalb noch einmal drei Kilo Betonung oben drauf. Unser Nachrichtenmann muss sich selbst ins Cabrio setzen. Unser Mann vor einer Sonnenuntergangskulisse mit Palmen und Skyline. Drehbuchreif. Hat nur nicht viel mit der Welt zu tun.
Am frühen Morgen dann die ersten Ergebnisse zum „Recall“. Merkwürdig. CNN und MSNBC können Sekunden nach Schließung der Wahllokale sagen, dass Davis abgewählt wurde und Schwarzenegger Nachfolger wird. Sie haben Prognosen, können aber die Prognosen nicht quantifizieren. Sie geben keine Fehlertoleranz an, sie geben keine Prozentzahl an, wie das Verhältnis Ja/Nein war, wie sich die Stimmen auf die Nachfolger verteilen. Jede Betriebsratwahl wird in Deutschland medial besser abgehandelt, als das was CNN und MSNBC da anstellen.