dogfood Mai 2004 [1]

Freitag, 07. Mai 2004

[22h58] Seit Viertel vor Sechs sehe und höre ich die Befragungen der beiden Ausschüsse von Rumsfeld und seiner Kohorte. „Rummy“ tritt heute gleich mit einer Begleitung von vier Mitarbeitern an.
Das erschreckendste Fakt wurde eben von einem demokratischen Repräsentanten gefragt: wer hat wann die Photos gesehen. Bis auf Myers haben Rumsfeld und seine drei Gesellen die Photos erst gestern, also knapp einer Woche nach Ausstrahlung von CBS gesehen!
Im übrigen sieht alles so aus, als hätten wir es bei den bisher veröffentlichten Photos nur um die Spitze des Eisberges zu tun. Im Internet tauchen inzwischen Gerüchte auf, das noch viel mehr Zeug aus den Gefängnissen kursiert. Die Rede ist von Tonaufnahmen, Videos und Sexualdelikten. Journalist Seymour Hersh, der nach der CBS-Sendung mit einem Bericht im „New Yorker“ die Sache richtig ins Rollen brachte, sagt dass er sich inzwischen vor Anrufen nicht retten kann, die ihm noch mehr Material anbieten. Und selbst Rumsfeld und Konsorten geben zu, dass sie im Besitz von mehreren tausend Photos sind, größtenteils noch nicht ausgewertet, sprechen ebenfalls von Videos die zirkulieren sollen.
Generell machten Rumsfeld und Co. einen erstaunlich uninformierten Eindruck, dafür dass sie seit 2-3Tagen wissen, dass sie vor den Ausschüssen aussagen müssen.

Donnerstag, 06. Mai 2004

[09h21] Es gibt Dinge, die nur mir passieren. Banale Dinge. Seit Jahren gehen bei mir, egal welche halbhohen Sportschuhe ich kaufe, permanent die Schnürsenkel auf. Egal ob ich sie mir bis zum Abwürgen sämtlicher Blutgefässe oder nur lose binde. Egal ob ich die losen Enden sonstwie verflechte oder irgendwohin stecke. Wenn ihr also jemanden auf der Straße beim Zubinden seiner Schuhe seht: it's me. Ich sehe sonst keinen der sich bückt.
Oder auch quietschen. Sei es auf dem Parkett in meiner vorigen Bürogemeinschaft, sei es auf dem Kunststoff im aktuellen Raum. Nur bei einem Quietschen die Sohlen wenn's regnet. Ist ein Supergefühl wenn siech die Leute schon 50m im Voraus nach einem umdrehen. Egal was für Sportschuhe ich anziehe. Regnet's, quietscht's. Ich hör' sonst keinen.
[09h08] Damned. Ich habe es gewusst. Wieder zuviel Wasser.
[08h52] Als Anfang der Woche der Instant-Cappuccino-Vorrat sich dem Ende entgegenneigte, ging ich auf dem Weg zur Arbeit in einen SPAR-Laden (Lidl macht ja erst um Neun auf). In Ermangelung meiner Standard-Marke „Krüger“(ungesüßt), griff ich zur SPAR-eigenen No-Name-Marke „Die Sparsamen“.
Er schmeckt wesentlich „kaffee-iger“ ist aber für mich viel schwieriger zu portionieren. Sowohl bei Krüger als auch bei der Lidl-Hausmarke ist die Oberfläche (der „Wasserspiegel“) cremiger. Erreicht diese eine gewisse zähe Konsistenz, ist das genau ausreichend viel Wasser. Nicht zuviel, nicht zuwenig.
Bei der SPAR-Marke hingegen scheint der Cappuccino vom ersten bis zum letzten Tropfen Wasser gleich flüssig zu sein. Scheint mir im übrigen auch wesentlich weniger ergiebiger zu sein, als die Konkurrenz.
Und seien wir mal ehrlich: was wäre die Blogosphäre heute ohne diesen Eintrag?

Mittwoch, 05. Mai 2004

[15h12] Heute morgen. Den Schanzenpark durchquert und vor dem S-Bahnhof an der Ampel stehen geblieben, mitsamt einer Meute aus dem Bahnhof strömender Jungpendler.
Von rechts kommt, ein kleiner Mann, sieht aus wie die südländische Variante von Klaus Löwitsch. Er geht entlang der Bordsteinkante auf der Straße. Schwarzes Sakko, weißes Hemd, ein paar der oberen Knöpfe offen, geht festen Schrittes an mir vorbei. Er geht ungeachtet des Verkehrs zielstrebig auf eine Frau zu, die 4-5 Menschen links von mir, ihren kleinen, fünfjährigen Sohn an der Hand hält.
Ohne ein Wort zu sagen, mit einer bestimmten, herrischen Bewegung versucht er über den Kopf des Jungen zu streicheln. Der Junge entzieht sich dem Streicheln indem er versucht sich um die Mutter herum zu schlingen. Der Kleine macht ein ängstliches Gesicht. Die Ampel wechselt auf grün, ich möchte die drei nicht anstarren und führe die Menschenmasse bei Überqueren der Strasse an.
Als ich auf der anderen Seite mich umblicke, sind alle drei weg.
[08h45] Es gibt den Spruch von den Kindern die nur gemocht werden, wenn man ihnen ein Kotelett umhängt. Dann mag sie wenigstens der Hund.
Heute werde ich sogar ohne Kotelett gemocht. Ich war gestern in einem „Bok“ essen, einer Hamburger Asien-Restaurantkette (japanisch, thailändisch, chinesisch, whatever...) und rieche seitdem nach gebratener Ente (um das böse Wort „Natriumglutamat“ nicht auszusprechen).
Ich übernachtete bei der Freundin und heute morgen durfte ich wieder in meine geruchsintensiven Klamotten einsteigen.
BOK Ente. Knusprige Ente mit Garnelen, Huhn und Rind, Broccoli, Champignons und Zwiebel. Und rechts von der linken Achselhöhle kann man sogar noch die Erdnusssoße riechen.

Montag, 03. Mai 2004

[09h54] Ganz banal: Geld. Der Samstag war einer der relaxtesten Tage der letzten Zeit. Zu verdanken war es hauptsächlich dem Umstand, dass das erwartete Geld auf dem letzten Drücker rechtzeitig aufs Konto aufgeschlagen ist.
Nachdem ich in den letzten Wochen mit massiv enggeschnallten Gürtel umherlaufen musste, war es auf einmal so, als wäre alle Last von mir abgefallen.
Ich stand am Morgen bei der Freundin auf, machte mich zügig fürs Büro fertig, knappe zwanzig Fussminuten entfernt. Wenn ich bei ihr übernachte, nehme ich gar nicht erst das Powerbook mit, packe nur die Firewire-Platte in die Jackentasche. Weniger zu schleppen.
Es passte alles zusammen. Ein lauwarmer Frühsommer-Morgen empfing mich, als ich durch den grünen Hinterhof ging.
Was entgeht den unzähligen Heuschnupflern, wenn sie nicht diesen prallen Duft der blühenden Sträucher und Bäume riechen, sondern nur ausschneuzen können.
Es hatte was bizarres an sich: nun hatte ich wieder Geld und konnte trotzdem so gut wie nichts einkaufen, weil 1ter Mai war. Ich ging zum EC-Automaten, holte trotzdem Frischgeld. Das abgeschloßene Hoftor wies mich als erster Büro-Betreter des Tages aus. Ich riss die Fenster auf und genoss die Luft.
Als Zeichen des Luxus kaufte ich mir später im U-Bahnhof den „Economist“.
Ein Tag wie Matthew Herberts Remix von Oscar Brown Jr. „Brother Where Are You?“ (Verve Remixed 2)
[09h20] Software -- Es ist ja seit geraumer Zeit mein nicht abschwellen wollender Schwanengesang, das bei Macromedia die Marketeers sich an die Macht geputscht haben. Die Textpassage die allerdings Klaus Schallhorn in seinem Suchmaschinen-Newsletter vom Mai verlinkt, setzt neue Maßstäbe:
Is there any new functionality in this update?
This update does not add any new functionality to Dreamweaver MX 2004. We wanted to offer the updater to our users for free and, to comply with US accounting rules, we couldn't include any additional functionality and not charge for it. The Timelines functionality that is included in this release is a re-activation of the exact functionality available in the previous Dreamweaver MX release.
(aus dem FAQ zum DW MX 2004-Updater)
Wir können in einem Gratis-Updater keine neuen Features einführen, weil die US-Buchführungsregeln es uns verbieten.
Wie hohl ist das bitte?
Ad 1: Wie jetzt? Das Feature war da und brauchte nur „freigeschaltet“ werden? Warum dann nicht von Anfang an? Wieviel Ballast schleppt die Macromedia-Software in Form nicht freigeschalteter Software noch mit?
Ad 2: Sind das neue Regeln, oder warum höre ich in meinen sieben Jahren Selbständigkeit das erste Mal davon? Galt das noch nicht vor anderthalb Jahren, als der DW MX 6.1-Updater Dreamweaver mit Contribute-Features ausstattete?

Sonntag, 02. Mai 2004

[11h40]Mein Freund“ Saban und seine Vorstellung von Nachrichtensendern (mit Grüßen an N24)
Ich möchte, dass unsere Sender es wie meine Freunde von Fox News halten. Deren Leitspruch lautet „Fair and balanced“. Dagegen ist doch nichts zu sagen.
(aus dem SPIEGEL 19/04)