Nach acht Wochen Pause: Moin. Die letzten acht Wochen in einem Satz? Erst war es ein wilder beruflicher Ritt … und dann war Akku leer.

Das Königsprojekt* B ging in der letzten März-Woche nach 15 Monaten Arbeit live. Das war einerseits ein Höhepunkt, andererseits fiel dann auch einiges ab. Deswegen hatte der April eine etwas eigene Tonalität: Erholung, Besinnung, Neuaufstellung.

*Königsprojekt“: das soll nicht die anderen Projekte abwerten. Aber aufgrund der Konstellation wie meine Kollegin und ich in das Projekt reingenommen wurden, machte es dies zum Projekt mit der höchsten oder zweithöchsten Fallhöhe meiner beruflichen Laufbahn.

In Projekt A gab es zum gleichen Zeitpunkt Änderungen in den Management-Strukturen, die faktisch dazu führten, dass das Frontend drei Wochen auf Eis lag.

Und jetzt stehe ich sowieso kurz vor meiner vierten und mutmaßlich letzten OP.

Ohne wirklich Urlaub zu haben, hat sich der Kopf eine Pause genommen und in den ersten Gang zurückgeschaltet. „Me-Time“ trat im April in den Vordergrund. Dinge im Garten, Dinge lesen, Dinge spielen, Dinge im TV etc… Alles was den Akku auflädt, hatte Vorfahrt.

Things I worked on.

Ein aktuelles Thema von Projekt A und Projekt B ist die Integration des Frontends bzw. das Zusammenspiel mit weiteren Systemen (CRMs, Kundendaten etc…). Wer soll bzw. kann das Frontend in welcher Form konsumieren.

Das führte dazu, dass ich, zumindest in der Theorie, wieder in das Thema Web Components eingestiegen bin … und wieder mit recht leeren Händen rausgekommen bin. Die Probleme, die das Shadow-DOM in Sachen Barrierefreiheit und SEO verursacht, lassen die Verwendung von Web Components als problematisch und/oder aufwändig erscheinen.

Für die „Komponentisierung“ des Frontends gibt es noch keinen Weg, mit dem ich zufrieden bin. Web Components sind der einzige standardisierte und halbwegs native Pfad für Frontend-Komponenten. All die anderen Wege führen zu Frameworks mit teilweise massiven Overhead (React & Co, Svelte).

Mir fehlen da mangels Erfahrung vielleicht Nuancen und Details, aber bei Designsystemen zerschellen die Werkzeuge derzeit an der Aufgabe einer „agnostische“ Verwaltung von Frontend-Komponenten. Das derzeit gehypteStorybook kann seine Geburt als React-Werkzeug nicht leugnen und bietet keine wirklich neutrale Komponenten-Beschreibungssprache, die eine Ausspielung der Komponenten in verschiedenen Geschmacksrichtungenerlaubt.

Im Umfeld von „Storybook“ wird zwar auf CSF – Components Story Format als Beschreibungssprache für Komponenten verwiesen. Aber CSF basiert auf ES6-Module und ist damit keine Beschreibungs- sondern Programmiersprache. Das Thema „Seperation of Concerns“ wird ignoriert und alles verschwimmt zu einer einzigen, react-affinen Suppe.

Things I did.

Things I read.

  • Comic The Rise and Fall of The Trigan Empire – alle drei Bände durchgelesen. Oh Boy. Da muss ich noch eine Rezension schreiben. Aber es war schlimm…
  • SF-Buch Braking Day von Adam Oyebanji – Da bin ich bei knapp einem Drittel und weiß immer noch nicht, wo das Buch hin will. Derzeit ist es noch ein Buch ohne jedwede Gravitas.

Things I watched.

„Das Attentat – The Man Standing Next“

Ein südkoreanischer Politthriller von 2020, der sich mit der Erschießung des Präsidenten Park Chung-hee 1979 durch den Geheimdienstchef beschäftigt. Die Ereignisse haben reell stattgefunden. Die Motive des Geheimdienstchefs sind aber ungeklärt. Der Film, in dessen Fokus der Geheimdienstchef steht, basiert auf die Spekulation, dass der Geheimdienstchef als „Tyrannenmörder“ ein Blutbad bei der Niederschlagung von Protesten verhindern und den Demokratieprozess fördern wollte.

Der Film ist über lange Strecken genauso unterkühlt wie der Geheimdienstchef Kim Gyo-pyeong. Erst im Schlussdrittel wird die Maske von Kim Gyo-pyeong brüchig und führt zum Fanal: der Erschießung bei einem Umtrunk.

Ein unterkühlter, aber interessanter Film, mit einer Hauptfigur, die sich zunehmend unwohl in seiner Haut fühlt und den Zuschauer bei diesem Wechsel des Aggregatzustands mitnimmt. Und ein Film, der dankbarerweise alle Gelegenheiten zum Splatter auslässt. 3,5 von 5 Sternen.

„Verachtung“

Ein dänischer Thriller, geschrieben von Jussi Adler-Olsen, verfilmt 2018 von Christoffer Boe.

Es sind viele der handelsüblichen Nordic Noir-Elemente zu finden: allerorten schlechte Laune, ein grausamer Mord und Motive/Motivationen die an die Grenzen des Erträglichen gehen.

Das Ganze ist sehr routiniert produziert – vielleicht einen Tick zu spektakulär inszeniert, mit einem brennenden, explodierenden Polizeiauto und einer Schießerei in einer Privatklinik (lt. Wikipedia schießt die dänische Polizei im Schnitt pro Jahr ca. 5 bis 10-mal auf Zivilisten – alleine in beiden Situationen wurde ein komplettes Jahresbudget an Schüssen verballert).

Die Kopenhagener Polizei untersucht einen Mordfall. Hinter einer nachträglich eingezogenen Wand werden an einem Tisch drei mumifizierte Leichen entdeckt. Parallel erzählt der Film in Rückblenden das Schicksal der jungen Nete von 1961. Sie verliebte sich in ihren Cousin. Beide hatten Sex. Netes Vater entdeckte die beiden. Nete wurde von ihrem Vater in eine Erziehungsanstalt für Frauen auf einer Insel geschickt. Dort wurde sie unterdrückt, eine Vergewaltigung versucht, eine Abtreibung und eine Sterilisation an Nete vorgenommen.

So weit alles noch gewohnte Rahmenbedingungen für einen Nordic Noir-Krimi. Der eigentliche Punch des Films kommt in der letzten der 119 Minuten.

Über lapidare Schrifttafeln informiert der Film, dass die zugrunde liegenden Fakten sich wirklich ereignet haben.

Zwischen 1934 und 1967 wurden über 11.000 dänische Frauen, auch auf jener Insel, Sprogø, sterilisiert, zirka die Hälfte davon, zwangssterilisiert.

Am Ende wird ein Zitat des dänischen Sozialdemokraten Karl Kristian Steincke (1880–1963) eingeblendet, sinngemäß: „Wir behandeln alle schwachen Individuen mit Fürsorge und Liebe, aber im Gegenzug erlauben wir es ihnen nicht, sich zu reproduzieren“.

Die dänischen Sozialdemokraten der 20er Jahren haben nicht nur den Wohlfahrtsstaat eingeführt. Sie waren auch Anhänger der Eugenik, Anhänger einer Selektion und „Reinhaltung des Genpools“.

Mit dieser letzten Minute bekam der Film eine ganz andere Fallhöhe. Dieser Widerspruch zwischen Wohlfahrtsstaat und Anhänger der Eugenetik hat mich einige Tage nicht losgelassen.

Alles ein Tick zu glatt, zu routiniert. Was aber am Ende wirklich stehen bleibt, ist das Aufmerksamkeit für diese (dänische/skandinavische) Ungeheuerlichkeit. 4 von 5 Sternen.

Things I played.

Oxygen not included – Ein nicht komplett ernst gemeintes Managementspiel, bei dem eine Gruppe von Replikanten ins Innere eines Asteroiden geschickt werden und dort ein Lager aufbauen sollen.

Dem Spiel gelingt bislang ganz gut die Balance, dass die dahinter liegenden Mechanismen zwar versteckt, aber auffindbar sind. Als Spieler musst du nicht erst mal lange in irgendwelchen Websites nachschauen, wie du überlebst oder weiter kommst.